Nevada, Band 4 (Splitter)

April 12, 2024
Nevada, Band 4: Jack London (Splitter Verlag)

August 1913. Im kalifornischen Glen Ellen (nein, keine Whiskymarke) brennt eine fast fertig gestellte Villa ab. Ihr Besitzer: Jack London, zu Lebzeiten der weltweit erfolgreichste Schriftsteller. Was das alles mit unserem Stuntman Nevada zu tun hat? Eine ganze Menge. Aber von Anfang an. Denn der startet mit einer Rückblende, die fast den ganzen Band ausfüllt: Etwa um 1910 versuchen sich Nevada und Louise, beide jung, arm, unzertrennlich aber kein Paar, in der Bucht von San Francisco als Austernpiraten. Als sie auf frischer Tat ertappt werden, fischt sie ein echter Promi aus dem Wasser: Jack London. Die drei freunden sich an und London begeistert die beiden für die Ideen der Sozialistischen Partei, deren Mitglied er ist.

Man verteilt Flugblätter unter den einfachen Arbeitern und besucht Versammlungen, wo Mother Jones spricht (Mary Harris Jones, eine Führerin der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung). So gerät man ins Fadenkreuz der Baulöwen der Stadt, deren Geschäft letztlich auch durch das verheerende Erdbeben von 1906 floriert und die deshalb Streiks und Aufstände der Arbeiter und damit das Ende der Ausbeutung fürchten. Vor allem Jack London ist ihnen dabei ein Dorn in Auge, eine Reizfigur, der man den Mund stopfen will. So begegnen Nevada und Louise als Neu-Aktivisten in der anfangs unbeschwerten und glücklichen Zeit erstmals einem Handlanger der Bauunternehmer, einem Mann fürs Grobe namens Carlsen. Der zudem ein Auge auf Louise geworfen hat…

Aha. Carlsen. Die Nemesis von Nevada und Louise. Hier erfahren wir also endlich mehr über die gemeinsame Vergangenheit der beiden und ihr erstes Zusammentreffen mit Carlsen. Was uns zur Gegenwart bringt, nämlich etwa dem Jahr 1930, in dem die Serie spielt. Denn kurz vor dem Prozess gegen Carlsen, der bekanntlich im letzten Band für ein Massaker verantwortlich war, berichten Nevada und Louise der Journalistin Dorothy Johnson (die inzwischen auch zum Figuren-Ensemble der Reihe gehört) von der letztendlich tragischen Episode mit Jack London und Carlsen, die sich 20 Jahre zuvor ereignete. Jetzt sollen Nevada und Louise in dem Prozess als Hauptzeugen aussagen. Und sie wollen endlich Gerechtigkeit, was durch den Twist am Ende wieder in Frage gestellt wird, denn die Story ist der Auftakt eines Zweiteilers, der im nächsten Band fortgesetzt wird.

„Jack London“ als Titel des Bandes, das Cover mit einer Szene auf hoher See (auch wenn sie für die Story unerheblich ist) – beides verheißt Abwechslung und lockt daher noch mehr als nur der Ruf der Wildnis. Schon öfters spielten historische Persönlichkeiten in der Serie mit (die spätere Western-Autorin Dorothy Johnson und jetzt Mother Jones), aber bisher noch nicht in einer tragenden Rolle, wie hier der Autor von „Der Seewolf“, „Wolfsblut“ oder „Martin Eden“. Dadurch wartet der Band einmal nicht mit einem Western-Ambiente auf, wie zuletzt, als das Genre zelebriert und gleichzeitig demontiert wurde. Die Story, die Freundschaft zwischen London und Nevada und Louise und das dramatische Finale (die brennende Villa – wir erinnern uns), fügen sich geschickt konstruiert, weil nicht dokumentiert, in das Leben des Autors ein, frei nach dem Motto: So könnte es geschehen sein. Und man muss sagen, dass die ohnehin klasse Reihe dadurch noch einmal an Qualität und Originalität gewinnt. (bw)

Nevada, Band 4: Jack London
Text: Fred Duval, Jean-Pierre Pécau
Bilder: Colin Wilson, Jean-Paul Fernandez (Farben)
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
17 Euro

ISBN: 978-3-98721-232-1

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