Frankreich, 1798. Die Zeit der napoleonischen Kriege. Der Junge Timmi wird von seinem Vormund schlecht behandelt und schließt sich deshalb vorbeiziehenden Soldaten an. Dort wird er nach einer Heldentat als junger Rekrut, als Trommler (franz. tambour) bei den Grenadieren der kaiserlichen Garde aufgenommen und offiziell unter die Fittiche von Sergeant Kopfnuss gestellt, der sich fortan um ihn kümmert – sofern das denn überhaupt nötig ist. Bald geht es im Rahmen des napoleonischen Feldzugs nach Ägypten. Mit von der Partie ist der Archäologe Professor Verdurette, der dort den goldenen Ibis eines Pharaos finden will, ein Artefakt, das angeblich Macht und Reichtum verleihen soll. Doch auch der schurkische Grosswesir Achwas und sein Adjutant Jussuf trachten nach dem güldenen Vogel… („Der goldene Ibis“)
„Der Fürst von Jitomir“: Inzwischen befinden wir uns im Winter des Jahres 1805 irgendwo an der polnischen Grenze. Timmi und Sergeant Kopfnuss erhalten von höchster Stelle den Befehl, dem Fürsten von Jitomir zu helfen, „das Joch des Zaren abzuschütteln“. Doch der Fürst entpuppt sich als machtgieriger Schurke namens Kromyr. Von dem rechtmäßigen Thronerben erfahren Timmi und Kopfnuss, dass in einem Stuhl des Palastes der letzte Wille des verstorbenen Fürsts versteckt ist, in dem dieser verfügte, dass der rechtmäßige Nachfolger wieder eingesetzt wird. Doch gerade wurden alle Stühle verkauft, was eine wilde Suchaktion auslöst… Ein Jahr später in Kastilien. Timmi und Kopfnuss müssen auf Weisung von oben Kindermädchen spielen. Ihre Schutzbefohlene ist Elisa, das Patenkind des Marschalls Murat. Die Aufgabe erweist sich als schwieriger als gedacht, ist die Kleine doch so quirlig wie furchtlos. Tückisch, wie Loriot sagen würde. Auch Kromyr und Kakerlausky sind wieder dabei, diesmal als Spione, die für die Briten die Aufmarschpläne der Franzosen besorgen sollen („Das Zeichen des Stiers“).
Wieder gilt es etwas zu suchen: In „Ein geschenkter Gaul“ sollen Timmi und Kopfnuss das Geschenk eines Paschas an Kaiser Napoleon am Hafen abholen: ein edles Ross. Bald wird klar: In (?) oder an dem Pferd befindet sich versteckt ein brisantes Dokument, ein kompromittierendes Papier, das dem Polizeichef Fouché seinen Posten kostet, wird es denn gefunden. Fouché heuert daher zwei Gauner an, das Dokument zu sichern: natürlich wieder Kromyr und Kakerlausky. Erneut entbrennt ein Wettlauf, bei dem abwechselnd beide Partien die Nase vorn zu haben scheinen… Zum Abschluss bietet der Band noch ein kleines Schmankerl: einen zweiseitigen Foto-Comic, entstanden als Werbung für die belgische Fluggesellschaft Sabena (gibt es seit 2001 nicht mehr), mit Autor Duval und Zeichner Berck, gefolgt von weiteren zwei gezeichneten Seiten, in denen die beiden mit ihren Figuren, samt Kromyr und Kakerlausky, agieren.
Die Serien des flämischen Zeichners Berck (d.i. Arthur Berckmans), der 2020 mit 91 Jahren verstarb, erschienen bei uns in erster Line in den 1970/80er Jahren in gekürzter oder ummontierter Form in diversen Kauka-Titeln und Zack-Publikationen. Später veröffentlichte der Carlsen Verlag noch zehn Alben der Gangster-Funny-Reihe „Sammy & Jack“. Dann war erstmal lange Schluss. Jetzt erleben die Werke Bercks eine späte Renaissance: Während im All Verlag seine Serie „Kasimir“ (im Original „Strapontin“) in Einzelalben und vorbildlicher Aufmachung erscheint, die gemeinsam mit dem großen René Goscinny entstand, veröffentlicht Kult Comics gleich zwei Berck-Serien in opulenten Integral-Bänden als Gesamtausgaben: wieder „Sammy & Jack“ (bisher zwei Bände), sowie die unbekanntere Reihe „Timmi Tambour“, die im Original „Rataplan“ heißt und die zwischen 1961 und 1967 für das Magazin Tintin entstand. Autor ist Fred Duval, der u.a. auch für die klassischen (Zack-) Serien „Howard Flynn“, „Ringo“ und „Sven Janssen“ schrieb. Unterstützt wurde er hie und da offenbar inoffiziell– das verrät uns der Sekundärteil – von seinem Freund und Kollegen, dem früh verstorbenen Szenaristen Jacques Acar.
Die im ersten Band der auf zwei Teile angelegten Gesamtausgabe der Serie enthaltenen Geschichten haben einen Umfang von nur 30 Seiten, durchaus ungewöhnlich für „Alben-Verhältnisse“. Die Zeit der napoleonischen Kriege ermöglicht es den Autoren, internationale und/oder exotische Schauplätze aufzubieten, wie Ägypten, wo die französische Intervention in Europa einen regelrechten Run auf die Pharaonen-Kultur auslöste. In der Russland-Episode begegnen wir erstmals den schurkischen Pendants von Timmi und Kopfnuss: Kromyr und Kakerlausky, die fortan als ewig verlierende Spione ihren Dienst in der Serie verrichten sollten, dabei aber einen erstaunlichen Fairness-Level einhalten. Die Stories kommen durch einen beliebigen Auslöser in Gang (Hitchcock würde MacGuffin sagen), meist wird etwas gesucht, gerne innerhalb eines Wettlaufs, locker unterlegt durch diverse Slapstick-Einlagen, die witzig in die Handlung eingebaut sind und dann in originelle Auflösungen münden. Da fällt es auch nicht weiter ins Gewicht, dass der kleine Timmi in den Jahren, die zwischen den Episoden vergehen, weder altert noch wächst. Somit eine schöne, aufwändige Präsentation eines eher unbekannten franko-belgischen Funny-Klassikers. Die auf nur 99 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe (s. Bild rechts) ist Anfang Februar in der Auslieferung. (bw)
Timmi Tambour, Integral 1
Text & Story: Fred Duval
Bilder: Berck
160 Seiten in Farbe, Hardcover
Kult Comics
30 Euro
ISBN: 978-3-96430-266-3