Flüchtlinge: Paul Atreides und seine Mutter Jessica verstecken sich in der tiefen Wüste, um den Häschern der Harkonnen und den Undercover-Agenten der Sardaukar zu entkommen. Während der Mentat Thufir Hawat mit einigen Fremen seinerseits kleine Erfolge feiert, findet der ebenfalls überlebende alte Weggefährte Duncan Idaho die beiden ex-Herrscher und bringt sie zum Ökologen Keynes, der gemeinsam mit den Fremen die ökologische Revolution von Dune voranbringen will. Als der Außenposten von Sardaukar angegriffen wird, opfert sich Idaho, um Paul und Jessica die Flucht zu ermöglichen. Todesmutig stürzt sich Paul mit seiner Mutter im Ornithopter in einen Sandsturm, in dem alle Verfolger zu Grunde gehen und auch sie für die Harkonnen als tot gelten – immerhin ist noch nie jemand aus einer solchen Hölle entronnen.
Hawat und Keynes geraten in Gefangenschaft der Harkonnen, während der alte Baron den sadistischen Rabban als Statthalter einsetzt, um Dune bis aufs Blut auszupressen. Indessen machen sich Paul und seine Mutter auf eine gefährliche Wüstenüberquerung, bei der sie nur um Haaresbreite einem Sandwurm entkommen, bevor sie vom Fremen Stilgar und seinem Trupp gestellt werden. Stilgar hat von Keynes zwar den Auftrag mitbekommen, Herzog Letos Sohn zu schützen, aber Jessica muss dennoch auf ihre Bene Gesserit-Kräfte zurückgreifen, um den Fremen ordentlich Mores zu lehren. Denen schwant mittlerweile, dass sich ihre uralten Prophezeiungen hier bewahrheiten könnten, und nehmen die beiden Flüchtlinge mit in den Sietch Tabr, wo ungeahnte Wasservorräte die Zukunft von Dune verändern sollen.
Paul trifft dabei auf das Mädchen Chani, das er aus seinen Träumen kennt und die ihm seltsam vertraut scheint. Als ihn ein Fremen zum rituellen Duell herausfordert, besiegt er seinen Kontrahenten – ganz wie es die Legende sagt. Die Fremen unter Stilgar akzeptieren Paul als einen der ihren, der sich fortan Muad’dib nennt – nach der Wüstenspringmaus, die geschickt ihren Weg durch die Dünen findet. Während Paul sich immer dringlicher mit Visionen konfrontiert sieht, die ihn als Anführer eines gewaltigen Djihad zeigen, versuchen die Bene Genesserit, in Gestalt des Harkonnen-Neffen Feyd Rautha doch noch die ersehnte Blutlinie zu sichern…
Im zweiten Teil der formidablen Adaption von Frank Herberts epochemachendem Öko-Religions-Macht-kritischen Science Fiction-Epos um den Wüstenplaneten Arrakis verschiebt sich der Fokus ganz wie in der Romanvorlage. Nach dem erfolgreichen Coup, in dem der alte Diktator Harkonnen unter Zuhilfenahme diverser Ränkespiele die Macht auf Dune wieder an sich gerissen und Herzog Leto Atreides und seine Gefolgsleute nahezu vollständig vernichtet hat – wir notieren: Großmachtpolitik, Blockbildung, Guten gegen Böse, das nehmen wir mal als archetypische Konstellationen -, betrachten Brian Herbert und Kevin J. Anderson nun eher die mythologisch-religiösen Aspekte.
Die Bene Genesserit haben auf ihrer Suche nach dem Kwisatz Haderach bewusst Legenden und Mythen gestreut, die die Fremen nun erfüllt sehen: ein Messias soll kommen, Sohn einer Bene Gesserit, der mit übermächtigen Kräften gesegnet den Sandwurm beherrscht und als einer der ihren für die Befreiung der Heimat kämpft. Paul fühlt sich in dieser Rolle zwar nicht ganz wohl, reklamiert aber – ganz der Feudalherr – die Anführerschaft ganz natürlich für sich: gesteuerte Religion als Legitimation totalitärer Macht, das kennen wir in unterschiedlichsten Farben, vom Absolutismus bis hin zu diversen Diktaturen. Dass Dune über Jahrhunderte von der elenden Wüstenei (sic) hin zu einer blühenden Landschaft verwandelt werden könnte, das nahm in den 60ern, als der Roman entstand, nahezu alle ökologischen Trends vorweg, die wir heute erleben.
Optisch setzen Raul Allén und Patricia Martin das Geschehen effektiv in Szene, mit wirkungsvoll verwendeten atmosphärischen Farbtönen (blau für die halbwegs kühle Nacht, Pastell für die sengenden Tage), passend alptraumhaften Visionen und vor allem einem eindrucksvollen ersten Auftritt von Shai Hulud, dem Sandwurm, dem eigentlichen Herrscher der Dünen. Auch wenn wir wissen, wie die Sache ausgeht, freuen wir uns schon auf Band 3, „Prophet“, und nehmen diese Adaption als willkommene Verkürzung der Wartezeit, bis endlich auch Teil 2 der neuen, brillanten Filmfassung von Denis Villeneuve in den Lichtspielhäusern zu bestaunen ist, was im November 2023 der Fall sein soll. Und außerdem legen wir jetzt nochmal „To Tame A Land“ von Iron Maiden auf, wo der Kwisatz Haderach immerhin auch das Gom Jabbar bestehen muss. (hb)
Dune, Buch 2: Muad’Dib
Text & Story: Brian Herbert, Kevin J. Anderson
Bilder: Raúl Allén, Patricia Martin, Bill Sienkiewicz
176 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
29,80 Euro
ISBN: 978-3-95839-451-3