Amazing Fantasy (Panini)

Juni 27, 2022
Amazing Fantasy (Panini Comics)

Spider-Mans Ursuppe mal wörtlich genommen: Bekanntlich war der erste Auftritt des beliebtesten aller Marvel-Helden 1962 in der 15. und letzten Ausgabe der kurzlebigen Heftreihe „Amazing Fantasy“, die vor dem wandkrabbligen Superhelden-Finale in der Tat phantastische Stories im Anthologie Format präsentierte. Jetzt nimmt Autor und Zeichner Kaare Andrews den Titel wieder wörtlich und lässt Superhelden in eine Fantasy Welt eintauchen. Und das tut er – das sei vorweg genommen – durchaus fulminant und visuell beeindruckend.

Alles beginnt 1943, während des Zweiten Weltkriegs. Captain America beschützt einen Geleitzug, der von Deutschen U-Booten angegriffen wird. Cap versucht Überlebende zu retten – und findet sich, bärtig, leicht verlottert, aber mit Schild, an einem fremden Gestade wieder. Szenen-/Zeitenwechsel 1: Die Sowjetunion während der Reagan-Ära. Eine junge Natasha Romanova versucht in den Westen zu fliehen, wird aber verraten. Und schließlich von einem Zentaur davon getragen. Szenen-/Zeitenwechsel 2: Manhattan, 1962: Spider-Man kämpft gegen den Grünen Kobold, wird von einer seiner Kürbisbomben erwischt – und findet sich in einem Kochtopf von Froschmenschen wieder. Alle drei Helden versuchen zuerst getrennt in ihrer neuen Umgebung klar zu kommen, entfachen oder entschärfen Konflikte mit allerlei Fantasy-Wesen und -Völkern, bis man letztendlich in einem vermeintlichen Finale, das in Breitwand-Panels inszeniert ist, aufeinander trifft. Vermeintlich deshalb, weil es etwa zur Mitte des Bandes stattfindet und damit noch lange nicht Schluss sein kann. Denn ein neuer, diesmal gemeinsamer Feind gibt sich zu erkennen…

Die Story beginnt hoch interessant und optisch originell. Die Captain America Seiten imitieren im Stil die Comics der 40er Jahre, mit holzigem Papier und grobkörnigem Raster. Die Black Widow Prelude ist in düsteren Farben gehalten, beinahe gemalt, während der kurze Kampf Spider-Mans gegen den Grünen Kobold den Zeichnungen Steve Ditkos Tribut zollt. Erst mit der Ankunft auf der nicht näher bestimmten, fremden Fantasy-Welt oder -Dimension wird die Gestaltung Kaare Andrews‘ einheitlich. Und die ist fulminant. Er inszeniert seine Helden und seine Fantasy-Figuren dynamisch in monumental-heroischen Panels und Posen (was dazu von Panini noch großformatig präsentiert wird), die nicht nur auf den mit abgedruckten Covern der im Original fünfteiligen Miniserie in voller Absicht als Hommagen an Pulp Größen wie Frank Frazetta zu erkennen und zu verstehen sind.

In der Folge der Geschichte wird es wild. Ganz Fantasy gemäß. Aber leider auch holprig. Denn Andrews versucht so ziemlich jedes Fantasy- und Pulp-Motiv (inkl. Science Fiction), jede Genre-Kreatur in der Story, die im Prinzip bar jeglicher Logik bleibt, unterzubringen. So tummeln sich Orks, Dämonen, Drachen, Terror-Fürsten, Amazonen, Frosch- und Vogelmenschen auf den Seiten, die in Herr der Ringe- und Dschungel-Welten agieren. Der homogene Fortgang der Story leidet, es gibt zu viele Hopplahopp-Events und plötzliche Wendungen. Die transferierten Superhelden hinterfragen weder ihre neue Welt noch die Gründe für ihre überraschende „Reise“. All das trübt den Lesefluss und wirkt teilweise auch verwirrend. Wären da nicht die famosen Zeichnungen… Als Bonus beinhaltet der Band eine Wolverine Episode, bei der Kaare Andrews einmal mehr seine Vielseitigkeit beweist und die erste Hälfte des Kapitels im Stil von Frank Millers Graphic Novel „Elektra lives again“ inszeniert. (bw)

Amazing Fantasy
Text & Bilder: Kaare Andrews
148 Seiten in Farbe, Hardcover
Panini Comics
29 Euro

ISBN: 978-3-7416-2602-9

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