SHI, Band 4 (Splitter)

Mai 12, 2021
SHI, Band 4 (Splitter Verlag)

Endlich glaubt brutalo-Fiesling Kommissar Kurb, Jay und Kita gefasst zu haben, aber dank seiner phantastischen Fähigkeiten gelingt dem Duo – samt Kitas Sensei – wieder einmal die Flucht. Doch der Preis ist hoch – und schafft dennoch mit den Straßen-Kindern der Dead Ends auch unerwartete Verbündete. Derweil ist Königin Victoria ganz dem wahnwitzigen Plan der „glorreichen Eries“ gefolgt: Die abtrünnigen Kolonien, die sich die Vereinigten Staaten nennen, müssen zurückerobert werden. Dazu lässt die Queen eine Flotte aus neuartigen gepanzerten Schiffen bauen und inspiziert sogar die Werft in Sunderland im Nordosten Englands. Aus Furcht vor Spionen und Saboteuren lässt sie Kurb dorthin versetzen, der zudem einmal mehr sinnlos und grausam gemordet und damit den Bogen endgültig überspannt hat. Und in Sunderland werden sich zum großen Finale auch die Wege aller Beteiligten kreuzen…

Der vierte und letzte Band der Reihe beendet nun den ersten Zyklus. Was sicher bedeutet, dass hier in naher Zukunft noch mehr kommen wird. Denn die Geschichte der beiden Damen (und ihrer „Bewegung“) ist noch lange nicht auserzählt. Autor Zidrou (u.a. „Die Adoption“) geht mit seinen Figuren nicht gerade zimperlich um. Jay und Kita – von der Gesellschaft und ihren bieder-scheinheiligen Regeln gleichermaßen enttäuscht wie verfolgt, sind sowieso arg gebeutelt und sinnen nun auf Rache. Ein Gefühl, dass immer mehr Platz in ihrem Leben einnehmen wird. Diverse Nebenfiguren werden von Zidrou radikal aus dem Spiel bzw. der Story genommen. Er räumt damit gehörig auf, nicht nur um Jays und Kitas Motive zu verstärken, sondern offenbar auch, um die Weichen für den Fortgang der Story zu setzen. Persönliche Katastrophen und Abschiede prägen den Band. Die Fantasy-Komponente, obwohl gewaltig, wenn sie gebraucht wird  – auch in der großformatigen Darstellung von Zeichner José Homs – drängt sich dennoch und angenehmerweise nicht in den Vordergrund und bleibt vielmehr ein Werkzeug, ein Mittel zum Zweck. Wenn auch ein mächtiges.

Interessant ist die intensive Einbindung der noch jungen Königin Victoria in die Story. Die Monarchin ist Feuer und Flamme für einen neuen Krieg und das Vorhaben der „glorreichen Eries“, jener alten, verbohrten Herren, die nicht akzeptieren können, dass ihr Empire unwiederbringlich geschrumpft ist. Obwohl ganz Familienmensch und besorgte Mutter, erscheint sie im Folgenden alles andere als sympathisch (aber wer ist das schon, wenn man mit einem Unhold wie Kurb paktiert) und sich ihrer Macht bewusst („Das britische Empire bin ich!“, frei nach Ludwig XIV.). Der Band beendet zwar einige Storylines, setzt seinen Fokus dann aber auch auf neue – so gewinnt die Tatsache, dass die Tochter Jays noch am Leben ist, massiv an Bedeutung. Und mit den Dead Ends, eine Kindertruppe, die alles andere als kindlich ist, durchzieht die Handlung auch immer wieder eine gewisse kurios-makabre wie auch derbe Komik.

Optisch entfaltet der Spanier José Homs, der für den US-Markt auch schon „Red Sonja“ zeichnete, einmal mehr sein Können. Sein Stil ist räumlich, voller Eleganz, immer opulent und spart nicht mit Details, sei es bei den Personen und deren ausdrucksstarken Gesichtern oder bei großformatigen Totalen, bei denen kleinere, eingeschobene Panels die Handlung fortsetzen. Oder die schönen, filmischen Bildsequenzen, in deinen ein Gesamtmotiv in mehrere gleich große Panels aufgeteilt ist. Auch die Farben passen wieder: wahlweise dezent in Grau- oder Brauntönen bei typisch englischem Wetter, oder auch das Licht-Schatten-Spiel bei Nachtszenen, wenn beispielsweise Feuer die Szenerie in tiefes Rot taucht. So endet der erste Zyklus mit einem dramatischen und zugleich stimmigen Finale, nur um abschließend einen geradezu unheilschwangeren finsteren Ausblick auf das, was noch kommen mag, zu kredenzen. Wir sind jetzt schon gespannt, wie das wird. (bw)

SHI, Band 4: Victoria
Text: Zidrou
Bilder: José Homs
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
16 Euro

ISBN: 978-3-95839-528-2

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