Scheinbar unaufhaltsam und meist tödlich: Ein Virus, XV1N1 genannt, verbreitet sich überall auf der Welt. Infizierte sterben binnen weniger Tage. Auch drastische Maßnahmen fruchten nicht. Die Menschheit steht am Abgrund. Dann, als bereits 400 Millionen Tote zu beklagen sind, ist plötzlich Schluss. Mit einem Male wird das Virus inaktiv. Überall und gleichzeitig. Warum weiß keiner und kann auch niemand erklären. Dann die Überraschung: Einige infizierte Überlebende offenbaren übernatürliche Kräfte und Gaben. Die können mächtig und nützlich sein oder auch völlig sinnlos. Betroffen sind alle Bevölkerungsschichten, meist junge Leute. Insgesamt könnten zehn Millionen Menschen durch das Virus spezielle Fähigkeiten entwickelt haben. Ein gewaltiges Potenzial – und eine latente Gefahr für die neue Politik, die der aktuelle US-Präsident bedenklich weit in Richtung Faschismus führt…
In der Erschaffung völlig neuer Superhelden-Universen hat „Babylon 5“ Autor J. Michael Straczynski bereits Übung. Doch anders als in „Rising Stars“, wo nur wenige Betroffene Kräfte entwickelten, setzt er nun eine gehörige Nummer größer an. Gleich Millionen von Menschen sind „mutiert“ und wie in „Rising Stars“ wissen viele gar nicht, welche Kräfte sie besitzen und wie bzw. ob sie diese mehr oder weniger sinnvoll (oder gesetzeskonform) einsetzen können/sollen/wollen. Dabei legt Straczynski seine Handlung sehr breit an und schildert zuerst ausführlich die weltweiten Auswirkungen der tödlichen Pandemie und die Hilflosigkeit und Verzweiflung der Regierenden. Die aktuellen Bezüge sind dabei tatsächlich dem Zufall geschuldet, da die Serie noch vor der Corona-Pandemie konzipiert wurde. Dennoch lassen sich natürlich Vergleiche ziehen, von den getroffenen (und wirkungslosen) Maßnahmen bis hin zu einem autoritär handelnden und die Gesellschaft spaltenden US-Präsidenten, der in unserer Realität gottlob bereits Geschichte ist.
Diese ausführlichen und intensiven Schilderungen sind gleichzeitig eine Schwäche des Bandes, bleiben so die Hauptpersonen der Story nicht nur charakteristisch unterentwickelt, sie kristallisieren sich auch spät und nur zögerlich heraus. Gleiches gilt auch für die Bewegung des Widerstandes (siehe Titel), die aus „Specials“ besteht und die im Geheimen operiert. Die Episode mit James Struck, der sich in einer regelrechten Superhelden-Agentur umsieht (inkl. eines witzigen Verweises auf Miracleman), mit deren Hilfe sich die Regierung Kontrolle über die „Begabten“ erhofft, zählt zu den stärksten des Bandes. Eine Erklärung für die Existenz des Virus wird auch geliefert, über die Gründe der plötzlichen Inaktivität bleibt man bis zum Schluss im Dunkeln. Die Story baut sich behutsam auf, sogar ziemlich langsam, dazu aber umso eindringlicher und zeigt damit Potenzial für die Folgebände. Im Original erscheint die von Mike Deodato Jr. („Berserker Unbound“) finster realistisch inszenierte Reihe bei AWA Studios, einem Independet-Verlag, der 2018 von ehemaligen Marvel Chefs gegründet wurde. (bw)
The Resistance, Band 1: Eine neue Ordnung
Text: J. Michael Straczynski
Bilder: Mike Deodato Jr.
164 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
20 Euro
ISBN: 978-3-7416-2227-4