USS Constitution, Band 1 (Splitter)

Februar 5, 2021

August 1803. Die noch jungen Vereinigten Staaten von Amerika sind dringend auf Handel angewiesen. Da die Engländer verständlicherweise nicht gut auf ihre abtrünnigen, ehemaligen Landsleute in der neuen Welt zu sprechen sind und auch die Franzosen den Amis misstrauen, findet der Warenaustausch zu großen Teilen im Mittelmeer statt, mit Istanbul als Handelszentrum. Für die sogenannten Barbareskenstaaten (u.a. die heutigen Maghrebstaaten Tunesien, Algerien, Marokko samt Libyen) bedeutet die Anwesenheit der Amerikaner ebenfalls ein lukratives Geschäft: Piraterie. Zwar schlossen die Amerikaner diverse Nicht-Angriffs-Verträge (man zahlte horrende Tribut-Summen, um unbehelligt zu bleiben), dennoch nahmen die Spannungen in dem Gebiet immer wieder zu, weshalb man sich entschied, Kriegsschiffe in den Mittelmeerraum zu entsenden, um die US-Handelsflotte zu beschützen. Womit wir bei unserer Geschichte angekommen sind:

Der 16-jährige Fähnrich Pierre-Mary Corbières, der aus einer Seefahrer-Familie im Französisch geprägten New Orleans stammt, verrichtet seinen Dienst auf der USS Constitution, einer Fregatte, die 1797 gebaut wurde – als eines der ersten amerikanischen Kriegsschiffe überhaupt. Er gilt als Sonderling, da er die üblichen Männlichkeitsrituale seiner Altersgenossen meidet. Bald macht er sich Powlett zum Feind und freundet sich mit dem Kanonier Nicholas an – beide verbindet eine tragische Familiengeschichte. Im Mittelmeer angekommen hält man nach Piratenschiffen Ausschau, übernimmt gemeinsam mit anderen Schiffen Missionen und Aufträge, immer begleitet von militärischen Drills und Übungen. Dabei fühlt sich der junge Fähnrich immer mehr von Powlett in die Enge getrieben, bis es diesem schließlich gelingt, Pierre-Marys lange und streng gehütetes Geheimnis zu enthüllen…

Der Franzose Franck Bonnet, der hier als Autor und Zeichner fungiert, ist hierzulande noch recht unbekannt. Lediglich seine Historien-Serie „Attila… Mon Amour“, von Jean-Yves Mitton geschrieben, erschien in sechs Bänden von 1999 bis 2004 bei Kult Editionen. Dabei ist Bonnet kein unbeschriebenes Blatt. Bereits in seiner letzten Reihe, die bis 2018 entstand und bei uns (noch) nicht erschien, widmete er sich dem maritimen Genre: „Les Pirates de Barataria“, geschrieben von Marc Bourgne (u.a. „Der Rote Korsar“, „Frank Lincoln“). Seine Schiffsansichten sind atemberaubend detailliert und akribisch recherchiert, jedes Fitzelchen Segel, jedes Tau scheint scheint vorhanden und an seinem richtigen Platz (schließlich ist Bonnet ordentliches Mitglied der Académie des Arts & Sciences de la Mer, wie übrigens auch Zeichner-Kollege Jean-Yves Delitte – er versteht also etwas von seinem Fach). Segelschiffe gibt es in dem Band zuhauf und jedes einzelne Panel damit lädt zum Verweilen ein.

Die Story schreitet langsam und bedächtig voran. Viel Wert legt Bonnet dabei auf den tatsächlichen historischen Kontext, der schon in der Einleitung dem Leser nahegebracht wird. In den Dialogen wimmelt es nur so von Fachbegriffen, die gottlob in den Anmerkungen oder im Glossar am Ende des Bandes erklärt werden. Wir erleben die ständigen Drills, die Routine an Bord, garniert mit Erläuterungen über Kanoniere und Ähnliches, was gemeinsam mit dem geschichtlich-politischen Hintergrund einen regelrecht dokumentarischen Charakter entwickelt. Wäre da nicht Pierre-Mary Corbières, die Hauptperson, über die wir zwar immer mehr erfahren, zu der wie aber dennoch eine gewisse Distanz wahren. Und der im Folgeband, der in Frankreich gerade bei Glénat erschienen ist, gerne eine größere Rolle eingeräumt werden kann. Übrigens: die USS Constitution existiert tatsächlich noch, gilt heute als das älteste noch seetüchtige Kriegsschiff der Welt und kann im Hafen von Boston als Museumsschiff besichtigt werden. (bw)

USS Constitution, Band 1: Vor Gericht und auf
hoher See sind wir in Gottes Hand
Text & Bilder: Franck Bonnet
64 Seiten, Hardcover
Splitter Verlag
16 Euro

ISBN: 978-3-96219-587-8

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