Schnief und Schnuff – die älteren Comicleser unter uns kennen die verballhornten Namen sicher noch von den Rückseiten diverser Kauka-Hefte, wo als Bonus gerne einer ihrer Gags abgedruckt wurde. Später, als die Reihe ab Ende der Achtziger Jahre bei Ehapa erschien, erbarmte man sich und gab den beiden – einem rothaarigen Bub mit Latzhose und einem Cocker Spaniel – ihre richtigen Namen wieder: Boule (der Bub) und Bill (der Hund). Wobei Schnief und Schnuff allen Ernstes noch einmal als Untertitel auf dem Cover der DVD/Bluray der Realverfilmung benutzt wurde („Boule & Bill – Zwei Freunde Schnief und Schnuff“). Schon seit 2003 hat die Reihe ihre Deutsche verlegerische Heimat bei Salleck gefunden, wo bis heute zahlreiche Alben erschienen sind. Anlässlich des 60. Geburtstags von Boule & Bill veröffentlicht der Verlag nun einen Sonderband mit Gags aus allen Perioden der langen Serien-Historie.
Die begann 1959, als der Belgier Jean Roba, der zuvor u.a. als Assistent von André Franquin tätig war, seine erste Geschichte mit Boule und Bill im Spirou Magazin platzieren konnte, die offenbar bei der Leserschaft gut ankam. Denn im Laufe der Jahre sollte Roba weit über 1.000 Gags zeichnen, bis er die Reihe an seinen Assistenten Laurent Verron weitergab, der sie ab 2001 zwölf Jahre lang betreute. Inzwischen war Roba 2006 verstorben und Boule & Bill übernahm ein neues Kreativteam, bestehend aus Autor Christophe Cazenove („Hey Schwester!“ bei Tokyopop) und Zeichner/Kolorist Jean Bastide, der sich hier zum ersten Mal dem Funny-Genre annimmt (er zeichnete zuvor „Der Glöckner von Notre Dame“ und „Der Krieg der Sambres“, auf Deutsch bei Splitter und Carlsen). Der Sonderband veröffentlicht damit erstmals Boule & Bill Gags aus deren Feder (bisher erschienen bei Dargaud drei Alben – die „alten“ Alben der Reihe führt Dupuis im Programm). Robas Nachfolger, das sei noch erwähnt, führen seinen Zeichenstil perfekt fort.
Der Junge und sein Hund bestreiten in der Serie Alltags-Episoden – es gibt keine großartigen Kapriolen oder Katastrophen wie beispielsweise bei Franquins Gaston. Als Inspirationsquelle dienten Roba bei der Kreation der Reihe und der Figuren sein Sohn und der Familienhund. Ganz einfach. Dazu kamen eine gute Beobachtungsgabe und reichlich Fantasie, die wohl dosiert zum Einsatz kommt. Das macht die Gags nicht nur lustig, sowohl für Jung als auch für Alt, sondern angenehm bodenständig und äußerst liebenswert. So mag Bill den Neuzugang im Garten, die Schildkröte Fräulein Klara, gar nicht leiden, aber als er erfährt, dass sie nur Salat frisst und seine geliebten Knochen verschonen wird, schließt er sie sofort ins Herz. Trotz der vermeintlich einfachen Thematik werden die Episoden nicht langweilig. Roba und seine Nachfolger variieren dafür immer wieder im Design, zeichnen beispielsweise identische Panels mit gleicher Perspektive, wobei sich nur die Figuren bewegen.
Und gerne steckt der Spaß nicht nur in der Pointe, sondern immer wieder in den Details – etwa wenn sich Bills lange Schlappohren (der sich mit Boule blind versteht, der aber immer Hund bleibt und nur mit anderen Tieren, wie Fräulein Klara „reden“ kann) wie menschliche Arme bewegen. Oder Bilder von Vögeln, die im Treppenhaus hängen, deren Augen aber das Geschehen kommentierend verfolgen. So bietet der Band einen schönen Querschnitt durch die Serie und deren Schöpfer, vom Beginn bis heute. Alle, denen noch immer „nur“ Schnief und Schnuff geläufig sind, sollten sich ein längst überfälliges Update gönnen und mal reinschnuppern. Und den angestammten Lesern wird’s eh gefallen. Bleibt nur noch eines: Herzlichen Glückwunsch! (bw)
Boule & Bill Sonderband: Alles Gute zum Geburtstaaah!
Text: Jean Roba, Laurent Verron, Christophe Cazenove, Pierre Veys, Cric
Bilder: Jean Roba, Laurent Verron, Jean Bastide
48 Seiten in Farbe, Softcover
Salleck Publications
11 Euro
ISBN: 978-3-89908-723-9