Der Henker, Band 2 (Splitter)

September 27, 2018

Göttliche Gabe hin oder her, der Henker hat einen durchaus schweren Stand im mittelalterlichen Paris. Immer noch pfuscht ihm ein Kontrahent ins eigentlich klar definierte Handwerk seiner Gilde: im Auftrag des Parlaments von Paris soll er ja seine übernatürlichen Kräfte (Unverwundbarkeit und die unabänderliche Gewissheit, den Tod zu bringen) dafür verwenden, missliebige Subjekte aus dem Verkehr zu ziehen. Aber dagegen hat der Gaukler etwas, der seit einiger Zeit in Paris sein Unwesen treibt: dieser Harlekin scheint über ähnliche Kräfte zu verfügen wie der Henker – aber anstelle ein Instrument der Herrschaft zu sein, foppt der Gaukler die Obrigkeit, bestiehlt reiche Bürger und lässt Gold über das einfache Volk regnen, was dort erwartungsgemäß gut ankommt.

Das Ganze scheint irgendwie mit der Historie des Henkers verwoben, der wie jedes Mitglied seiner Zunft als Kind den Eltern entrissen und allein seiner Bestimmung gemäß aufgezogen wurde. Um dem Gaukler ein für alle Mal das Handwerk zu legen, stellt der Henker schließlich eine Falle: er inszeniert eine Massenhinrichtung, um den Gaukler so aus der Reserve zu locken. Das gelingt auch prompt, aber der Henker staunt nicht schlecht, als sich herausstellt, dass der Gaukler alles andere als ein übernatürlich begabtes Wesen ist…

In Teil 2 seiner Mittelalter-Saga verlangt Mathieu Gabella dem geneigten Leser so einiges ab: die Erzählperspektive wechselt zwischen den aktuellen Ereignissen und der Vergangenheit, aus der man sich bruchstückhaft zusammenreimen kann, wer sich hinter den Masken versteckt. Waren die Motive des Henkers schon in Band 1 bewusst eher zweifelhaft – angeblich göttliche Gaben werden als reines Herrschaftsinstrument missbraucht, Familien werden brutal auseinandergerissen -, so gesellen sich hier nun die klassischen Robin Hood-Themen hinzu, die mit Superhelden-Elementen vermischt werden.

Der Gaukler frönt dem Motto „Nimm den Reichen und gib den Armen“, während die Kontrahenten auch optisch daherkommen wie eine Mixtur aus Scarecrow, Ragman und Harley Quinn. Aus vielen Andeutungen und verwischten Spuren darf sich der Leser wie in einer Schnitzeljagd die Hintergründe erschließen, was die Sache teilweise durchaus geheimnisvoll erscheinen lässt. Optisch in jedem Falle aber wieder ein detailreiches Fest von Julien Carette, der die Kampfszenen dynamisch gestaltet und die Flashbacks auch visuell in Pastelltönen absetzt. Ein komplexes Vexierspiel, das mit Band 3, „Narrenfest“, seine Fortsetzung und seinen Abschluss finden wird. (hb)

Der Henker, Band 2: Maskeraden
Text: Mathieu Gabella
Bilder: Julien Carette
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro

ISBN: 978-3-95839-476-6

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