Anno 2027: Leutnant Stewart ist tief gesunken (gleich ein Wortspiel zu Beginn, das macht Laune). Nach einer Befehlsverweigerung wird er zu 20 Jahren Haft verurteilt. Die muss er im Deepwater Prison absitzen, einem Gefängnis, das in der Nähe der Bermudas in 900 Meter Tiefe Schwerverbrecher beherbergt. Und das absolut ausbruchssicher. Im Knast geht es hart und rauh zu. Menschenrechte gelten hier nichts. Gewalt-Exzesse, Willkür der Wärter und Vergewaltigungen sind an der Tagesordnung. Als es zu einem Aufruhr kommt, der blutig niedergeschlagen wird, beginnen Stewart und einige Mithäftlinge an Flucht zu denken. Zu verlieren gibt es eh nichts mehr.
Nur 500 m von Deepwater entfernt sinkt nach einem Unglück die Constellation, eine Ölplattform der Prometheus Oil. Die Ursache der Katastrophe, die eine gigantische Ölpest zur Folge hat, ist noch unbekannt. Zur Aufklärung und zur Ermittlung der Schuldigen müssen aus dem Wrack in der Tiefe Daten geborgen werden. Elaine Rosenberg, Präsidentin des Ausschusses für Energie und Umwelt, soll die Operation leiten. Gemeinsam mit dem Prometheus Mann Robert Silverman wählt Rosenberg ausgerechnet das Deepwater Prison als Missions-Basis für die Erkundung der Constellation. Klar, dass Stewart & Co. nun ihre Chance zum Ausbruch wittern. Aber Prometheus Oil spielt ein falsches Spiel und scheint Verbündete unter Wärtern und Häftlingen zu haben. Denn die Wahrheit soll nicht ans Licht, sprich, nach oben…
Christophe Bec ist ein fleißiger und auch gern gesehener Gast auf diesen Seiten, zuletzt mit Siberia 56 und Carthago Adventures. Inspirieren ließ er sich hier von dem Unglück mit der Deepwater Horizon Ölplattform, die 2010 im Golf von Mexiko explodierte und anschließend sank – die Bilder sind im Comic teilweise 1:1 übernommen (siehe Bildvergleich weiter unten). Nur heißt hier die Plattform Constellation und der Unterwasser-Knast, der sich nur 500 Meter von dem Wrack befindet, ist das Deepwater Prison. Bec überrascht damit, dass einige seiner typischen Story-Zutaten fehlen oder nur dezent aufgegriffen werden: keine Welt umspannenden Geheimnisse und Mysterien, keine uralten, gigantischen Bauwerke, deren Ursprung und Zweck im Nebel der Zeit vergessen wurden. Gigantisch ist hier die Tiefe selbst, vielleicht noch der U-Knast. Und die Riesenmuränen (solche Viecher hatten wir doch erst!?), denn Bec wäre nicht Bec, wenn der Band ganz ohne Urzeit-Monster auskäme. So wird das Gezücht zur Bedrohung, nicht nur für die Aufklärungs-Mannschaften unter Führung von Elaine Rosenberg, sondern auch für die potentiellen Ausbrecher. Und damit sitzen dann doch wieder alle im gleichen Boot.
Zeichnerisch greift der Autor einmal mehr auf Stefano Raffaele zurück, mit dem er bereits bei Pandemonium und Prometheus zusammenarbeitete, bzw. dies noch tut. Dessen Stil erinnert an Becs eigenen: äußerst realistisch und dabei leicht unterkühlt. Perfekt für Endzeit- bzw. Katastrophen-Szenarien. Deepwater Prison ist eine Bec-Geschichte mit einem etwas anderen Tiefgang (und nochmal ein Wortspiel zum Schluß…). Ausgehend und inspiriert von einer realen Katastrophe. Dazu etwas SF und Menschen in Extremsituationen mit ebenso extremem Konflikt-Potential. Das lässt sich gut an und macht Laune auf Band 2, der in Frankreich bei Soleil bereits erschienen ist. Wer seine Comics mag, darf sich auch hier gut aufgehoben und bestens unterhalten fühlen. (bw)
Deepwater Prison, Band 1: Constellation
Text: Christophe Bec
Bilder: Stefano Raffaele
48 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro
ISBN: 978-3-95839-017-1