Doppelgänger (Splitter)

August 20, 2014

Doppelgänger

Gigantische, uralte Bauwerke. Versunkene Zivilisationen. Unerklärliche, Welt umspannende Phänomene. Das lauernde, unsagbare Böse. Motive, die Christophe Bec (Heiligtum, Carthago, Finsternis u.a.) gerne in seinen Comics aufgreift. Auch in Doppelgänger ist davon vieles vorhanden, wenn auch eine Nummer kleiner. Denn hier präsentiert uns Bec eine feine Geistergeschichte, zu der er die Idee und die Zeichnungen lieferte. Die Ausarbeitung der Story und das Script stammen von Vielschreiber Éric Corbeyran (Metronom, Der Gesang der Strygen, Unter schwarzer Flagge).

Die Story: Unterwegs zum Begräbnis seiner Mutter begegnet Germain Maltret einer offenbar leicht verwirrten, sonderbaren jungen Frau. Doch das ist erst der Anfang. Auf dem Friedhof trifft er auf einen Mann, der aussieht wie er, quasi ein Doppelgänger. Als sich Matret ihm nähert, läuft dieser davon. Wegen eines Notartermins – seine Mutter vererbt ihm ein altes Gutshaus – quartiert sich Maltet in dem kleinen Ort in einer Pension ein. Dort wohnt auch die junge Frau, Nelly Lacour, und der alte Victor Franek, der als Medium Erfahrungen mit dem Übersinnlichen hat. Nach weiteren mysteriösen Vorfällen und Begegnungen beschließt Maltret der Sache gemeinsam mit Nelly unter der ‚Leitung‘ von Franek auf den Grund zu gehen. Doch im geerbten, halb verfallenen Gutshaus kommt es beim ‚Beschwören’ und Erscheinen des Doppelgängers zur Beinahe- Katastrophe, die Franek (den auch ein Geheimnis umgibt) nur schwer verletzt übersteht. Im zweiten Teil taucht plötzlich die Polizei auf. Man will Maltret wegen der Entführung einer jungen Frau befragen. Der flüchtet und verdächtigt seinen Doppelgänger. Dann stöbert Franek in Matrets Vergangenheit und entdeckt Erstaunliches. Schließlich erkennt Maltret (schon der Name ist ein Wortspiel, das auf die Auflösung hindeutet), dass er selbst der Auslöser und gleichzeitig das Zentrum der Ereignisse ist. Es kommt zum Showdown, die Geschehnisse klären sich auf, Ruhe kehrt wieder ein.

Seltsam, aber so steht es geschrieben. Eine Gespenster-Geschichte im XXL Format. Ausgehend vom urdeutschen Doppelgänger-Motiv (das französische Original heißt auch Doppelgänger) spinnen die Autoren hier eine spannende Schauermär, die den Leser bis zur Auflösung bei der Stange hält. Zwar wird allerlei Hokuspokus veranstaltet, aber die Story ist sauber konstruiert (klar, sofern man sich auf das Übersinnliche einläßt) und bekommt durch die äußerst realistischen Zeichnungen vollends eine ernste Dimension, in der Humor keinen Platz hat. Auch tragen die starken Hauptpersonen die Handlung: Maltret als selbstsicherer Geschäftsmann mit blassem Charakter, der die lästige Angelegenheit mit seiner ungeliebten Mutter erledigen will und der angesichts der Ereignisse immer unsicherer wird. Franek wird als kauziger Alter vorgestellt, doch nach und nach wird enthüllt, was er auf dem übersinnlichen Kasten hat. Daneben fungiert er quasi für den Leser immer wieder als Erklärer der übernatürlichen Vorgänge. Und schließlich Nelly, die sich seltsam und ängstlich verhält und die man so gar nicht einzuordnen weiß. Warum, wird später auch klar.

Typisch Bec: vor allem zu Beginn geschehen fern der eigentlichen Handlung immer wieder seltsame Dinge: Scheiben zerbersten, ein Brunnen färbt sich blutrot, Tiere sterben. Dinge, die unkommentiert und unerklärt bleiben – vorerst. Ganz auf Bec’sche Art wird der Leser so motiviert, am Ball zu bleiben und neugierig weiter zu lesen. In Prometheus treibt es Bec mit derlei Vorkommnissen auf die Spitze. Über etliche Bände hinweg wird dieses Stilmittel, dieses Verwirrspiel mit dem Leser, zum essentiellen Bestandteil der Handlung.

Bei uns ist Splitter so etwas wie der Hausverlag Becs. Nur Pandämonium erschien als Gesamtausgabe bei Ehapa, ansonsten legt Splitter auch die älteren Werke Becs auf, wie beispielsweise Absolute Zero. Auch Doppelgänger ist nicht ganz neu, die beiden Original-Alben, die als Splitter Double in einem Band zusammen gefaßt sind, erschienen bereits 2011 in Frankreich. Aktuell beginnt Splitter mit Siberia 56 wieder mit einer neuen Bec-Serie. (bw)

Doppelgänger – Das doppelte Böse
Text: Éric Corbeyran, Christophe Bec (Idee)
Bilder: Christophe Bec
96 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
19,80 Euro

ISBN: 978-3-86869-745-2

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