Erica Slaughter hat ein Problem. Und zwar ein ganz Neues. Seit Charlotte Cutter dafür gesorgt hat, dass das Duplici-Viech in Ericas Gestalt geschlüpft ist und selbst nebenbei eine ganze Familie gemeuchelt hat, ist Erica auf der Flucht – immerhin wird sie als mehrfache Mörderin gesucht. Zusammen mit Gabi, der Tochter der niedermetzelten Familie, die als einzige entkam, und Roqui will Erica dennoch das Duplici-Monster, das hinter den Morden in dem treffend bezeichneten Nest Tribulation steckt, eine Falle stellen: Gabi soll in möglichst vielen der heißen Quellen baden und ihr Blut dort hinterlassen, um das Kroppzeug anzulocken. In Gestalt einer angeblichen Interpol-Agentin führt Cutter die Polizei einstweilen an der Nase herum – und als der Polizist Ramirez per Anruf checken will, ob man dort tatsächlich eine Agentin dieses Namens kennt und nach Tribulation entsendet hat, segnet er prompt gewaltsam das Zeitliche.
Gerade will Erica alles für eine zünftige Monsterfalle vorbereiten, als ihr ausgerechnet ihre Vergangenheit in Form ihrer alten Ordenschefin Cecilia Slaughter entgegentritt: Cecilia hatte durchaus auch einen Narren an Gary gefressen, einem der ersten Opfer Cutters, und will Cutter daher gerne beseitigt sehen. Zu diesem Zweck bringt sie Erica einen Vorrat von Gift mit, das eigentlich gegen Duplici entwickelt wurde, aber auch Cutter zu einem qualvollen Ende verhelfen soll. Ob Erica ihrer alten Weggefährtin nun über den Weg traut oder nicht: diese Werkzeuge nimmt sie an und baut gemeinsam mit Gabi und Roqui auf einer einsamen Ranch eine veritable Monster-Falle – nicht ahnend, dass sich Cutter schon längst an ihre Fersten geheftet hat und sich im Haus versteckt hält…
Der Orden des Drachen macht auf Western! Erica goes John Ford! So könnte man diese neuen Episoden der Reihe bezeichnen, in der James Tynion IV nach wie vor den zweiten Handlungsbogen um die Duplici und ihre Mordserie in der amerikanischen Provinz fortspinnt, wobei es eigentlich mittlerweile heißen müsste „Something is killing not only children, but all people“ – schon längst sind nicht mehr nur Kinder Ziele der Angriffe der monströsen Fress-Viecher. Die Falle, für die man ein entkommendes Opfer als Köder verwendet, kennen wir aus diversen „schnappt den Serienmörder“-Vehikeln, die überraschende und zweifelhafte Handreichung alter Feinde bringt zusätzliche Spannung und Twists – aber vor allem beeindruckt hier Tynions Dreh, die Handlung auf eine Ranch zu verlegen, wo am vom Besitzer eher augenzwinkernd so benannten „Easy Creek Corral“ natürlich ein famoser Shootout ganz Stile von Wyatt Earp und Doc Holliday steigen kann.
In den pastell-getauchten Panels aus der Feder von Werther dell’Edera und Kolorist Miquel Muerto reitet Erica auf einem selbst eingefangenen Pferd durch die episch-zerklüftete Landschaft: John Wayne sah in den „Searchers“ („wunderbar“ eingedeutscht als „Der Schwarze Falke“) auch nicht besser aus. Die Komplexität und die psychologischen Abgründe der ersten Episoden mögen ein wenig in den Hintergrund treten, aber immer noch liefert Tynion bestes Horror-Futter in der Schnittmenge zwischen Stephen King und diversen Klassikern des Westerns, das in einer wahrlich epischen Konfrontation diesen Handlungszyklus zum Ende führt. Der vorliegende Band bringt die Originalhefte 31-35, die frisch aus der Presse 2024 beim amerikanischen Boom!-Verlag erschienen, und wird wie stets geziert von einer Covergalerie. (hb)
Something is killing the Children, Band 7
Text: James Tynion IV
Bilder: Werther Dell’Edera, Miquel Muerto
144 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
24 Euro
ISBN: 978-3-98721-346-5