Doktor Harry Vanderspeigle praktiziert nicht mehr. Er lebt zurückgezogen außerhalb des Städtchens Patience irgendwo im weiten Westen der USA und vertreibt sich seine Zeit mit Angeln. Er schiebt also durchaus eine ruhige Kugel. Was sich schlagartig ändert. Denn der einzige Arzt der Stadt, Doc Hodges, wird ermordet in seiner Praxis aufgefunden. Bis der Leichenbeschauer eintrifft, was aufgrund der abgeschiedenen Lage von Patience dauern kann, soll Harry auf Bitten des Sheriffs die Leiche untersuchen. Und: Bürgermeister Hawthorne bittet Harry, die bis auf weiteres verwaiste Praxis zu übernehmen. Was Harry nach kurzem Zögern auch tut. Nun sollte man eines wissen: Harry ist kein Mensch. Er ist ein Alien, ein Außerirdischer, der vor drei Jahren auf der Erde havariert ist und der nun unerkannt unter den Menschen lebt. Und dem es sichtlich Vergnügen bereitet, das Verbrechen aufzuklären…
Apropos unerkannt. Für uns Leser nicht, was anfangs verwundern mag. Ein schöner Kniff: Für uns trägt Harry seine typische Alien-Visage spazieren: Riesige Augen, Spitzohren – die kleinen grünen Männchen lassen grüßen. Seine Mitbürger sehen das anders – im wahrsten Sinne. Bis auf Asta, eine der Schwestern, die in Doc Hodges Praxis arbeiten. Aber dazu kommt in Band 2 sicher mehr. Als Alien hat Harry natürlich besondere Fähigkeiten. Er merkt an der menschlichen Gestik und an der Sprache, wer wann die Unwahrheit sagt. Was ihm bei der Lösung des Falles – der bis zum Finale recht gradlinig aufgebaut ist – durchaus behilflich sein mag. Obwohl nicht sonderlich kompliziert, kann Harry als einziger Verbindungen zum vermeintlich Täter herstellen. Die Polizei steht doof da und spielt den Fall herunter, legt sich auf einen anderen fest, den Harry als vollkommen unschuldig erkennt. Aber wie beweisen?
Die Grundidee der Reihe, die in den USA bei Dark Horse seit 2012 in diversen Miniserien erscheint, ist originell: Ein gestrandeter Außerirdischer, der eigentlich auf seine Abholung in die Heimat wartet, setzt seine Fähigkeiten ein, um Kriminalfälle zu lösen, woran er mehr und mehr Gefallen findet. Er lernt die Menschen und ihre Lebensweise immer besser kennen und ihre Gesellschaft zu schätzen. Parallel dazu unterbrechen häppchenweise kurze Rückblenden die Story: Sein Leben auf seinem Planeten, der Absturz, das zerstörte Raumschiff, die Entdeckung des Wracks – ist man ihm vielleicht von höchster Stelle auf der Spur? Genug Stoff für die kommenden Bände. Die Reihe, die Steve Parkhouse (der mit Autor Peter Hogan bereits an „Sandman: The Dreaming“ zusammenarbeitete) in klaren, schnörkellosen Bildern inszeniert, wurde jüngst auch als TV-Serie adaptiert und ist auf Deutsch bei Sky verfügbar. Band 2 (von 6) ist für den November geplant. (bw)
Resident Alien, Band 1: Willkommen auf der Erde!
Text: Peter Hogan
Bilder: Steve Parkhouse
104 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
19,80 Euro
ISBN: 978-3-96792-265-3