Aufruhr im Vatikan! Kardinal William Richleau ist zu Tode gekommen. Und zwar auf eine äußerst unangenehme und drastische Weise: aus dem Fenster seines Studierzimmers ist er zehn Meter in die Tiefe gestürzt und wurde dort von einem Zaun aufgespießt. Und damit nicht genug – ein Unbekannter hat sich – lateinische Gebete rufend – auch noch mit einem Dolch über den Leichnam hergemacht und wurde nur von den herbei eilenden Schweizer Gardisten verscheucht. Ratlosigkeit allenthalben, die umso prekärer ist, als der Kardinal doch eigentlich dem von Krankheit gezeichneten Papst hätte nachfolgen sollen. Um diesem Mysterium auf den Grund zu gehen, greift der Heilige Stuhl zu ungewöhnlichen Mitteln: der vom Glauben abgefallene, zynische Detektiv Charlie Northern wird in die ewige Stadt geholt, um dort in der Sache Richleau zu ermitteln. Dort stößt er allerdings auf eine Mauer des Misstrauens und der offenkundigen Verschwörungen. Allen voran der zwielichtige Kardinal Toscianni scheint alles daran zu setzen, den kettenrauchenden Londoner Atheisten davon abzuhalten, der Wahrheit näher zu kommen.
Die Gardisten wirken eingeschüchtert und widersprechen sich in ihren Aussagen, und der mysteriöse Unbekannte, der auf den Leichnahm eingestochen hat, verweigert jede vernünftige Aussage zu seiner Motivation. Aber Northern setzt Stück für Stück die Puzzleteile zusammen. Gemeinsam mit seinem Kollegen Todger, der daheim in London für die Gerichtsmedizin arbeitet und auch eigens für die Ermittlungen anreist, weist er nach, dass Richleau nicht, wie anfänglich vermutet, Selbstmord begangen hat (was für einen Kirchenmann ja schon schlimm genug wäre), sondern allem Anschein nach ermordet wurde. Die Wirtschaftsprüferin Lucy Pelliccia hilft ihm zusätzlich bei seiner Suche nach der Wahrheit, die ihn immer tiefer in eine düstere Welt von Geheimbünden, Satanisten und okkulten Zeremonien führt. Je mehr er den Dingen auf den Grund geht, desto mehr ist sein Leben in Gefahr: er entgeht nur knapp einem Attentat, und als Todger bestialisch ermordet aufgefunden wird, ist endgültig klar, dass Charlie es mit nichts weniger zu tun hat als einer Verschwörung mit wahrlich apokalyptischen Ausmaßen…
Paul Jenkins (The Darkness, Batman) und Humberto Ramos reiten wieder! Und wie schon mit ‚Fairy Quest‘ liefern sie auch mit den sinnig betitelten ‚Offenbarungen‘ eine furiose Story voller Abgründigkeit und unerwarteter Wendungen. War es bei ‚Fairy Quest‘ noch die Grundidee, die so faszinierte, ist es hier vor allem die von Anfang an knisternd spannende Detektivgeschichte, die Jenkins uns serviert. Wie der Detektiv lässt sich der Leser dabei oft vom Augenschein täuschen und springt in die klischeehafte Interpretation des Machtkampfs hinter den Kulissen des Vatikans, dem Richleau doch sicherlich zum Opfer gefallen ist. Dass die Wahrheit gänzlich anders gelagert ist und die ominösen Warnungen, diese ganze Sache sei deutlich größer als er selbst, absolut zutreffen – und vor allem, dass Charlie mit den Geschehnissen in viel engerer Verbindung steht als es scheint, das bringt die Geschichte im letzten Drittel in einem spektakulären Twist in gänzlich neue Bahnen.
Plötzlich bewegen wir uns weniger in einem Thriller als in einem Horror-Szenario, das sich ausnimmt, als ob ein gewisser Harry Angel auf den Exorzisten trifft (und mehr wird jetzt wirklich nicht verraten! Selbst lesen!). Diese Tour de Force inszeniert Ramos (Crimson, Spider-Man) wie gewohnt in einem leicht manga-haften Stil, der eindrucksvolle großflächige Szenen und atmosphärische Momente gekonnt zu einem optischen Hochgenuss verbindet. Ein absoluter Page Turner, den man erst aus der Hand legen kann, wenn die ganze höllische Erkenntnis auf dem Tisch liegt. In der vorliegenden Gesamtausgabe finden sich alle sechs Einzelhefte, die im Original schon 2005 beim US-Verlag Dark Horse erschienen. Bereits 2006 brachte der Carlsen Verlag die Geschichte in einem Band heraus (als ‚Die Offenbarung‘). Humberto Ramos beehrte damals aus den Comicsalon in Erlangen mit seiner Anwesenheit. (hb)
Offenbarungen
Text: Paul Jenkins
Bilder: Humberto Ramos
166 Seiten in Farbe, Hardcover
Popcom
16 Euro
ISBN: 978-3-8420-1980-5