Gepanzert, kolossal, tierisch – die Titanen, die in der phänomenal erfolgreichen Saga aus dem Hause Hajime Isayama die Menschheit dezimieren, nehmen mittlerweile vielerlei Gestalt an. Aber das hält das Fähnlein der Aufrechten nicht davon ab, sich den Unholden entgegenzuwerfen. Und auch das geschieht in immer abenteuerlicheren Ausprägungen: Erin Jäger – nomen est omen, Held seit Band 1, Mitglied der 104. Einheit – steht nach wie vor in Diensten des Aufklärungstrupps, der sich unter Führung von Levi und Erin außerhalb der mächtigen Verteidigungswälle den Viechern stellt. Aus Gründen, die auch ihm selbst verborgen bleiben, hat Erin die erstaunliche Fähigkeit entwickelt, sich selbst in einen Titanen zu verwandeln, indem er eine symbiotische Verbindung mit einem der Kolosse eingeht und sich in dessen Nacken buchstäblich festsetzt.
Diese Qualität teilt er mit seiner Mitkämpferin Ymir, und hier setzt nun die aktuelle Episode an: nach einer wahrhaft apokalyptischen Attacke, an der die beiden in titanenhafter Inkarnation beteiligt waren, sind Ymir und Erin seit Stunden verschwunden. Offenkundig sind sie entführt von Bertholt Fubar und Reiner Braun, die zwar ebenfalls Mitkämpfer in der 104. Einheit sind, aber wohl auch ihr ganz eigenes Süppchen kochen. Denn sie rauben zwei 3D-Manöver-Ausrüstungen, entreißen Erin und Ymir durchaus ruppig ihren Wirten (die Arme gehen dabei weitgehend verloren, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese wieder nachwachsen) und setzen sie zunächst in einem Baumriesenwald fest, um dort die Nacht abzuwarten, in der die überall umherwandernden Titanen nicht aktiv sind. Stück für Stück bekommt Erin heraus, was seine ehemaligen Kameraden vorhaben – und auch, dass seine vermeintliche Verbündete Ymir brisante Informationen darüber hat, wer denn der eigentliche Feind ist…
Anstelle die psychologischen oder politischen Fragestellungen weiter zu vertiefen, wie dies etwa die Spin-Offs ‚No Regrets‘ und ‚Before The Fall‘ unternehmen, funktioniert die Hauptserie zunehmend wie ein monumentaler Action-Blockbuster: ganz im Stile von ‚Pacific Rim‘ und ‚Transformers‘ gilt das Motto: je spektakulärer, desto besser. Und so gelingen in der Tat in den ersten beiden Kapiteln „Der gepanzerte Titan“ und „Schlagen, werfen, sichern“ diverse atemberaubende, breitwandig gezeichnete Szenen von monströsen Titanen, wahlweise im Angriff oder im Zusammenbruch, die sich auf Menschen und Ansiedlungen stürzen und in nur noch episch zu nennende Kämpfe verwickelt werden. Das knallt gewaltig und sollte bei allen Freunden der Reihe für offene Münder sorgen. Dann aber wendet sich der Fokus doch noch auf die eher zwischenmenschliche Ebene: im Abschlusskapitel 4, „Die Eröffnung“, entspinnt sich im isolierten Raum des Waldes ein psychologischer Krieg zwischen Erin und seinen Entführern, der in der Erkenntnis kulminiert, dass wohl auch seine Mitstreiterin einige Geheimnisse mit sich herumträgt – die dann allerdings wohl erst in Band 12 gelüftet werden. Denn ein Cliffhanger muss schließlich sein! (hb)
Attack on Titan, Band 11
Text & Bilder: Hajime Isayama
192 Seiten in schwarz-weiß, Taschenbuch
Carlsen Verlag
6,95 Euro
ISBN: 978-3-551-79931-9