Große Ereignisse werfen in Form eines witzigen Zitats ihre Schatten voraus: „Surfer, ich habe Hunger. Such mir einen Planeten.“ Nein, nicht Galactus spricht diese Worte zu einem erschrockenen Silberstürmer, sondern ein unbedeutender Erdling. Die aufgeweckte Dawn Greenwood ist inzwischen ständige Begleiterin des Silver Surfers. Und ihr Hunger ist nicht der eines Weltenverschlingers, sondern ganz banal der eines Menschen. Nach der Einkehr in einer galaktischen Subway-Filiale (!) bringen die beiden die Ordnung auf dem Planeten Prime durcheinander (beginnend mit einer Hommage an Helnweins ‚Boulevard of Broken Dreams‘), was beinahe in einer Katastrophe endet. Danach reisen die zwei an das vermeintliche Ende des Universums, wo nur noch Schwärze herrscht. Die nicht ohne ist. Dawn geht verloren, wird aber gerettet. Unterlegt ist diese Episode von zahlreiche Rückblicken auf die gemeinsame Zeit der beiden, wonach Dawn auch treffend bemerkt: „Heißt das, wir daten jetzt?“.
Doch ehe es zu einer etwaigen Vertiefung der Beziehung kommt, ist es soweit. Denn keine Silver Surfer Serie ist vollständig ohne einen Auftritt von Galactus. Dawn darf das Brett lenken, das sie mittlerweile Zuumir getauft hat (inzwischen fungiert es fast als dritter Hauptdarsteller – im Original heißt es übrigens ebenso treffend Toomie) und steuert ohne es zu wissen dabei den Planeten Newhaven an. Der liegt versteckt im All und beherbergt sechs Milliarden Individuen, jeweils die letzten ihrer Art, Überlebende von Planeten, die Galactus mit seinem unendlichen Hunger verschlang. Natürlich wird der Surfer nicht gerade freundlich empfangen. Als Dawn die ganze Herold-Geschichte erfährt, weist sie ihren kosmischen Begleiter ab und bleibt auf Newhaven zurück. Der Surfer, melancholisch und sinnierend wie zu seinen besten Zeiten, fliegt davon. Nicht ahnend, dass Galactus, sein ehemaliger Herr, seine kosmische Spur längst entdeckt hat. Und die führt direkt nach Newhaven…
Über die neue Ausrichtung im Rahmen des Neustarts der Reihe – mit Humor und Skurrilität, verpackt in farbenfrohen Pop-Art Zeichnungen, ohne dabei in flachen Klamauk auszuarten – haben wir uns schon in unserer Rezension zum ersten Band erfreut wie überrascht gezeigt. Band 2 führt dieses Konzept konsequent fort. Zumindest anfangs. Der Surfer und Dawn sind Reisende im All, die wie eine uns wohl bekannte Raumschiffbesatzung viele Lichtjahre von der Erde entfernt unterwegs sind, um fremde Galaxien zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Dabei muss sich der Surfer mit Dawns allzu menschlichen Bedürfnissen herumschlagen, was ihm nach und nach nicht unrecht ist. Schließlich hat er längst Gefallen daran gefunden, seine Begleiterin ist ihm inzwischen ans Herz gewachsen.
Mit dem Auftritt von Galactus ändert sich dann diese Grundstimmung. Autor Dan Slott wirft eine interessante Frage auf: wie kann der Silver Surfer mit der Schuld leben, selbst als ehemaliger Herold des Weltenverschlingers für die Auslöschung von Billionen von Leben mit verantwortlich zu sein? Dawn zumindest ist geschockt, ahnte sie doch nichts von der dunklen Vergangenheit ihres silbernen Begleiters. Hier zeigt Slott, dass er auch ernste Töne beherrscht, die Story schlägt einen dramatischen Kurs ein, der die Spaß-Stimmung konterkariert. Was kann der Surfer tun, wie können die sechs Milliarden auf Newhaven – jeder einzelne von ihnen ein letzter Mohikaner, der das Galactus-Drama nun ein zweites mal erlebt – gerettet werden? So überrascht uns die Serie schon wieder und erhält durch die Galactus Episode erneut eine andere Perspektive. Dann das Leben des Surfers wird einmal mehr durch seinen ehemaligen Herrn einschneidend verändert. Fortsetzung folgt und wir freuen uns drauf. (bw)
Silver Surfer, Band 2: Galactus, einfach unverbesserlich!
Text: Dan Slott
Bilder: Michael Allred, Laura Allred (Farben)
124 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
16,99 Euro
ISBN: 978-3-95798-435-7