
„Eine kurze Geschichte der Raumfahrt“ verspricht diese Graphic Novel im Untertitel. Ihr Herzstück ist dabei erwartungsgemäß der Wettlauf zum Mond, ausgetragen zwischen den USA und der Sowjetunion, die zuerst die Nase vorn hatte. Doch zuvor zeigen die Autoren, dass das All und die Sterne schon immer die Menschen faszinierten, von der Frühzeit über die Antike bis in die Neuzeit, als sich das heliozentrische Weltbild (wieder) durchsetzte und bewiesen wurde. Die Anfänge der Raumfahrt beginnen dann mit der Entwicklung der ersten wirksamen Rakete. Wirksam leider auch als Waffe, von den Nazis V2 genannt (eigentlich Aggregat 4). Nach dem Krieg arbeiten deren Ingenieure, allen voran Wernher von Braun, für die Amerikaner, verbessern in White Sands die V2 und setzen so ihr Werk ungehindert fort.
Dann folgt 1957 der Sputnik-Schock, der das Space Race eröffnet. Anfangs dominieren die Russen und düpieren die Amis ein ums andere Mal: Der erste Satellit, mit Juri Gagarin der erste Mensch im All, die erste Erdumrundung, die erste Frau im All, der erste Weltraumspaziergang (der beinahe schief ging). Nur langsam und mühsam holen die Amerikaner auf. Statt einer Umrundung gelingen ihnen nur zwei ballistische Flüge (der erste mit Alan Shepard, bis heute auch der älteste Mensch auf dem Mond). Später, auch nachdem Kennedy den Wettlauf ins All zur Chefsache macht und als dessen Ziel die Landung auf dem Mond festlegt, verringert sich der russische Vorsprung, teils um nur einige Wochen. Dann ist es soweit. Nach einer rasanten Entwicklung startet die NASA mit Apollo 11 die Mission, die Menschen zum Mond bringt – moderiert von Walter Cronkite, ein globales Medienereignis. Neil Armstrong sagt seinen berühmten Spruch, die Russen sind endgültig geschlagen. Der Rest ist Geschichte…
So kann dieser Band eigentlich nichts Neues bringen, die historischen Ereignisse sind bekannt und überall nachzulesen. Deshalb haben sich Autor Arnaud Delalande (u.a. Surcouf, Fritz Lang Biografie) und Zeichner Éric Lambert einige Kniffe und Stilmittel ausgedacht, um die bloße faktische und trockene Nacherzählung (und das Abzeichnen bekannter Fotos) aufzulockern und zu untermalen: so stellen sie die Raumfahrt in den Kontext des kalten Krieges und politischer Ereignisse und streuen immer wieder Populärkulturelles ein, das sich mit Weltall und/oder Science Fiction beschäftigt. Wir sehen Méliès‘ „Die Reise zum Mond“, „Frau im Mond“ von Fritz Lang und wie Hergé zum ikonischen Design seiner Tim und Struppi-Mondrakete kam. Oder Frank Sinatra, der 1964 mit „Fly me to the Moon“ das NASA-Ziel besingt. Fehlen darf auch nicht Kubricks „2001: Odysse im Weltraum“ (worauf auch der französische Originaltitel „L’Odyssée de l’espace“ verweist).
Und ganz aktuell: die Geschichte der Raumfahrt wird von einer KI namens Vic 766 erzählt, inklusive Gag zwischen Vic 766 und HAL 9000. Die KI sorgt am Schluss auch noch für einen kleinen Twist und damit für einen Ausflug in die Science Fiction. Nicht nur die Zeichnungen des Bandes sind äußerst filigran und detailliert. Auch die Schilderungen der Ereignisse und Missionen sind akribisch und minutiös und vermitteln interessantes, oft neues Wissen, wenn auch dabei v.a. für den Raumfahrt-Laien einige Längen entstehen mögen. Nach der Mondlandung ist natürlich nicht Schluss. Es folgen u.a. und kürzer behandelt das Beinahe-Unglück mit Apollo 13, die beiden Space Shuttle Katastrophen, die diversen Raumstationen, von der Mir bis zur ISS, wobei auch die deutschen Astronauten Alexander Gerst und Matthias Maurer Platz eingeräumt bekommen. (bw)
Aufbruch ins Weltall
Text: Arnaud Delalande
Bilder: Éric Lambert
192 Seiten in Schwarz-Weiß, Hardcover
Knesebeck Verlag
28 Euro
ISBN: 978-3-95728-879-0