Mexiko, 1878: Roy Clinton hat nach zwei Jahren das Versteckspiel satt. In Folge der Scharmützel mit den Truppen der Union fand er im Nest Santa Ana Viejo Zuflucht, aber nun will er zurück und in Washington um seine Rehabilitation kämpfen. Das offeriert er auch Ann, die mit ihren Kindern Mary und John ebenfalls nach Mexiko fliehen musste, nachdem sie sich als Rache für ihren getöteten Mann auch mit den Unionisten angelegt hatte. Ann zögert allerdings und bezweifelt, dass die Nordstaatler ihr Gehör schenken – bestenfalls nach Atlanta will sie mitkommen. Nachdem auf der direkten Route gerade eine Pockenepidemie wütet, nimmt man den eher gefahrvollen Umweg durch das wilde Gebirge der Sierra Madre.
Da lauern allerdings ganz andere Unwägbarkeiten: die Apachen-Stämme, die weiterhin systematisch in lebensfeindliche Reservate oder verlauste Forts gepfercht werden, führen einen aufmüpfigen Guerilla-Krieg gegen die verdammten Besatzer. Held und Rädelsführer ist nach wie vor der flüchtige Geronimo, der aus dem zugedachten Reservat ausgebrochen ist und die verfeindeten Parteien USA und Mexiko gegeneinander ausspielt. So etwa schickt er seinen Neffen Fun direkt nach Santa Ana, um dort dem ohnehin schon verletzten mexikanischen Anführer Diaz endgültig den Garaus zu machen. Ann und Roy ihrerseits stoßen auf ihrer Reise auf eine von Apachen überfallene Postkutsche, aus der sie mit Mühe einen Überlebenden ziehen: ein gewisser Raoul Ruiz Zafon will offenbar auch nach Arizona, scheint aber ein durchaus zwielichtiger Geselle zu sein…
Mit dem vorliegenden Band eröffnet Peter Nuyten den zweiten Handlungszyklus seines Western-Epos, das mit Band 3, „Die Unsichtbaren“, die Geschichte um Roy und Ann, die zwischen die Fronten des Bürgerkriegs und der Indianeraufstände um Geronimo geraten, fürs Erste abschloss. Der Fokus liegt auch in dem hier beginnenden zweiten Handlungsbogen in der Phase um 1870, als die Chiricahua-Apachen aus ihrem Reservat ausbrachen und einen jahrelangen Guerilla-Krieg sowohl mit den Amerikanern als auch Mexikanern anzettelten. Die weißen Männer praktizierten dabei unverändert ihre Politik der systematischen Deportation der eigentlichen Hausherren in öde Gebiete, wobei die eingeschleppten Krankheiten deutlich mehr Indianer dahinrafften als jede Gewehrsalve der Kavallerie.
Peter Nuyten zeichnet ein durchaus negatives Gesellschaftsbild, in dem auch in den Reihen der Ureinwohner keinesfalls Einigkeit herrscht, sondern auch Rivalitäten zwischen den Stämmen und sogar innerhalb der Gemeinschaften vorkamen. Das Geschehen ist wie stets fest in der geschichtlichen Realität verankert, bis hin zu Ausrüstung, Waffen und Kleidung, was im informativen Anhang ersichtlich wird, der einen kurzen historischen Abriss mit zeitgenössischen Photographien (besonders faszinierend dabei eine Verhandlungsszene mit Geronimo und amerikanischen Anführern) kombiniert.
Der Star ist allerdings ebenso unverändert die Darstellung der Landschaften, die Nuyten in wunderbaren Pastelltönen stimmig einfängt und so die Lebensfeindlichkeit der Sierra Madre (die gewisse unsägliche Pseudovolksmusikanten der 90er offenbar zwar besangen – und behaupteten, sie sei zu –, sie aber nie aufsuchten), der ja auch Humphrey Bogart auf seiner Schatzsuche zum Opfer fällt, wunderbar einfängt. Band 5, „Desert Trail“, ist schon in Vorbereitung und für März 2025 angekündigt – wir sind gespannt. Wer nacharbeiten möchte: der erste Zyklus mit den Bänden 1-3 liegt bei Splitter mittlerweile auch als Gesamtausgabe mit 176 Seiten vor. (hb)
Apache Junction, Band 4: Sierra Madre
Text & Bilder: Peter Nuyten
64 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
18 Euro
ISBN: 978-3-98721-411-0