Dudley Datson ist Erfinder. Aber leider kein sonderlich erfolgreicher. Seine neueste Errungenschaft: von ihm so genannte Klugmotten, Neudeutsch Smart Clothes, die dem Träger jedwedes Erscheinungsbild verleihen können. Seine Chefin, Dr. Shea, glaubt fest an ihn, aber die Präsentation geht gehörig in die Hose, vor versammelter Mannschaft wird der Testanzug transparent, und Dudley steht in Unterwäsche da. Da trifft es sich fast schon gut, dass sein sterbenskranker Vater die Präsentation nicht miterleben konnte. Reichlich gedemütigt trottet Dudley des nächtens ins Labor und fixt tatsächlich den Fehler – aber wird dann auch unfreiwilliger Zeuge eines ruppigen Angriffs auf seine Chefin, die ihm urplötzlich im Exoskelett entgegentritt und sich angeschossen diverser Lumpensöhne erwehren muss.
Gerade kann sie ihm noch eine Uhr übergeben, die offenbar der Schlüssel zu allem ist, als sich ihr Hund Daedalus an den verdutzten Dudley wendet: durchaus sprachgewandt fordert der Kläffer ihn zur Flucht auf, während er selbst hand- und pfotengreiflich ins Geschehen fasst. Nicht zuletzt dank Dudleys überraschender Geistesgegenwart, die Daedalus verblüfft, kommt man gerade noch mit dem Leben davon, Daedalus schnappt sich Dudley und führt ihn kurzerhand zu einer geheimen Basis, in der allen Erfindern der Weltgeschichte eine Trophäe gewidmet ist. Man befindet sich in der „Chymischen Gesellschaft“, so erläutert Daedalus, zu Deutsch der Gesellschaft für Wunder aus Menschenhand, einer Vereinigung von Erfindern, die ein gewichtiges Geheimnis tragen. Daedalus selbst, seines Zeichens größter Ingenieur und Geist von Kreta (nebenbei auch Vater von Ikarus), entschlüsselte tatsächlich das Prinzip der Ewigkeitsmaschine, landläufig bekannt als Perpetuum Mobile, das den Weg zum großen Symposium, einer Art Erfinderkongregation quer durch alle Welten und Dimensionen, öffnen soll…
Über den Erfindungsreichtum von Scott Snyder kann man nur noch staunen: in diesem Wurf greift der Maestro tief in die Science Fiction und auch Comedy-Ecke, gewürzt mit einer gehörigen Prise Geschichte und Mythologie. Da wird flugs (das kostet fünf Mark für die Wortspielkasse) die Sage um Daedalus und Ikarus umgedeutet: der kretische Ingenieur erfindet die erste funktionstüchtige Flugmaschine, die er mit seinem Sohn und seinem Neffen weidlich nutzt, bevor Ikarus dann nicht etwa beim törichten Höhenflug, sondern beim Angriff der Promethianer umkommt. Neffe Perdix erweist sich als Kollaborateur und menschlicher Statthalter der intergalaktischen Schufte, und während im Labyrinth kein Monster, sondern ein Stromgenerator verborgen wird, tritt der sagenhafte Minotaurus dann doch noch auf die Szenerie.
Garniert mit Referenzen auf James Bond (eine Asservatenkammer voller Waffen) und Men in Black (das Hauptquartier der chymischen Gesellschaft), ruft Snyder dann auch noch eine schillernde Figur aus dem Heldenpantheon auf: Dudley Datson klingt nicht von ungefähr wie Billy Batson, der eigentlich harmlose Jüngling, der sich durch ein Zauberwort in den mächtigen Shazam, Marvelman, Captain Marvel oder wie auch immer er gerade heißt verwandelt. Zeichnerisch geht Jamal Igle (tätig bei DC und Erfinder der Crowdfunding-Heldin Molly Danger) dem Material entsprechend in die Vollen, mit knalligen Darstellungen im Helden-Duktus, die die schmissig-spaßige Storyline um den unerwarteten Helden standesgemäß in Szene setzen. Der vorliegende Band bringt die US-Ausgabe „Dudley Datson and the forever machine“, die 2024 bei Dark Horse erschien, in voller Länge. Damit ein lustiger Ausritt durch die Dimensionen, in der man eigentlich nur die Information vermisst, dass die zentrale Uhr sicherlich auch an anderer Stelle verborgen wurde als nur am Arm diverser Erfinder. Das wissen wir ja aus Pulp Fiction. (hb)
Dudley Datson und die Ewigkeitsmaschine
Text & Story: Scott Snyder
Bilder: Jamal Igle
128 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
25 Euro
ISBN: 978-3-98721-311-3