Gegen Ende des letzten Bandes hatten die fünf steckbrieflich gesuchten, inzwischen von uns hochgeschätzten, wehrhaften Damen nun ihr Glück aufgebraucht. Nach einem krachenden Finale wurden sie von Sheriff Clinton und einem US-Marshal dingfest gemacht. Nur Abigail, der jungen ehemaligen Sklavin, gelang die Flucht – der namenlose Mexikaner, der sie jagte, ging damit leer aus. Jetzt stehen der Winter vor der Tür und die vier vermeintlichen Outlaw-Damen vor ihrem neuen unfreiwilligen Domizil: Ein Gefängnis, mitten im Nirgendwo, mit ausschließlich männlichen Insassen.
Kathleen aus London, die Indianerin Chumani, Daisy, die ehemalige Lehrerin, die im letzten Band ein Bein verlor und die schwangere Cassie Coltrane müssen sich einmal mehr, und mehr denn je, in einer Männerwelt behaupten, die hier im dritten Band auf ein Gefängnis und die darin herrschenden rauen Sitten reduziert ist. Auf weibliche Insassen ist man hier weder eingestellt noch vorbereitet. Das beginnt mit der Leibesvisitation beim Haftantritt, wo sich die vier ungleichen, aber im Schicksal vereinten Frauen einmal mehr wehrhaft zeigen, nur um von der frustrierten wie herrischen Direktoren-Gattin Liz die Grenzen auch innerhalb der Gefängnismauern aufgezeigt zu bekommen.
Dennoch lassen sich die vier nichts gefallen, sie zeigen sich unbeeindruckt und bleiben respektlos vor der (männlichen) Obrigkeit und kaschieren vielleicht auch ihre Angst vor Übergriffen mit Sarkasmus, auch wenn sie damit sprichwörtlich eine dicke Lippe riskieren. Als die obligatorische, wöchentliche Dusche inmitten starrender und sabbernder Männer ansteht, droht die ohnehin angespannte Lage dann endgültig zu kippen. Vor allem Chumani, die sich mit der Gefangenschaft nicht abfinden kann, drängt auf Flucht – ein natürlich hochriskantes Unterfangen, das letztendlich früher in Angriff genommen werden muss als geplant…
Ein Stilmittel auch dieses Bandes, der sich inhaltlich völlig von den beiden Vorgängern abhebt (wer hätte schon gedacht, dass die fünf, bzw. vier im Gefängnis landen…), ist wieder die bildliche Vorab-Umsetzung der Pläne, die die vier schmieden. So werden die einzelnen Ausbruchsschritte visualisiert, ehe sie stattfinden. Gegen Ende wird es dann einmal mehr furios, wobei ein alter Bekannter in das Geschehen eingreift. Aber auch Abigail, der ja die Flucht gelang, wird nicht vergessen: In Rückblenden erfahren wir, wie sie unfreiwillig den Umgang mit Schusswaffen lernte, bzw. lernen musste. Zum Schluss noch eine gute Nachricht: Offenbar wird die furiose Western-Reihe von Autor Olivier Bocquet, Zeichnerin Anlor und Koloristin Elvire de Cock fortgesetzt. Mit Band 3 endet nur der erste Zyklus. Sehr erfreulich! (bw)
Ladies with Guns, Band 3
Text: Olivier Bocquet
Bilder: Anlor, Elvire de Cock (Farben)
72 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
18 Euro
ISBN: 978-3-96792-394-0