Immer das gleiche Problem: Man will weiter, aber die Reisekasse ist bodenleer. So geht es dem aufstrebenden Jungreporter Marc Dacier, dem von seinem Vielleicht-Chef als Feuerprobe eine heikle Aufgabe übertragen wurde: er soll in vier Monaten einmal um die Welt reisen. Und das ohne einen einzigen Franc in der Tasche. Inzwischen hat es Marc tatsächlich und nach diversen gefährlichen wie haarsträubenden Abenteuern bis nach Karatschi in Pakistan geschafft. Nun will er aber weiter nach Osten, am besten Richtung Japan. Durch Zufall bekommt er einen Platz als Co-Pilot in einer DC-3, unterwegs nach Birma (heute Myanmar). Der Haken: Natürlich kann Marc nicht fliegen und entsprechend schnell muss er nach einigen fliegerischen Kapriolen seinen Betrug eingestehen, wird aber dennoch gefordert. Bald findet er sich in Hongkong wieder und gerät dort an einen zwielichtigen „Geschäftsmann“, der ihm einen Job als Kurier vorschlägt: er soll einen Batzen Geld nach Formosa, dem heutigen Taiwan bringen – und gerät dort als vermeintlicher Spion einmal mehr vom Regen in die Traufe…
Auch im zweiten Band der Reihe setzt Marc Dacier also seine Weltreise fort, wobei er weiterhin gefährliche Abenteuer regelrecht anzuziehen scheint. Auch wegen seiner jugendlichen Naivität. Er verdingt sich als Taschenspieler, gibt sich als Pilot aus oder vertraut in einer der berüchtigtsten Ecken Hongkongs blindlings einem Unbekannten und glaubt dessen offensichtlicher Märchenstunde. Und kommt dennoch jedes Mal – das sollte keine Überraschung sein, schließlich erwarten uns noch elf Bände – mit maximal einem blauen Auge davon. Die Handlung wird von Jean-Michel Charlier (u.a. „Blueberry“, „Der rote Korsar“) weiterhin und passend zur Weltreise episodisch erzählt, wobei mehr als einmal sein fliegerisches Fachwissen, das er bereits seit 1947 in „Buck Danny“ einbringt, auch hier zum Zuge kommt. Dazu greift er die damals (im Jahr 1959, wie auch heute noch) schwierige politische Lage in Formosa/Taiwan auf – die Spionage-Episode ist dann auch der Kern und das erzählerische Highlight des Bandes, auch weil sie spannend inszeniert ist.
Insgesamt erzählt Charlier hier im zweiten Band strukturierter und reifer als noch im Auftakt. Die Übergänge zwischen den Episoden sind fließender und eleganter, Marcs Reise wirkt weniger gehetzt. Dennoch bleibt die Handlung stets extrem abwechslungsreich und spektakulär, was in der Vulkan-Szene gipfelt, die auch das Cover des Bandes ziert. Die Weltreise wird im dritten Band der Reihe enden, danach geht es mit albumlangen Geschichten weiter. Eddy Paape (1929-2012), dem Großteil des Deutschen Comic-Publikums in erster Linie als Zeichner des Science Fiction Klassikers „Luc Orient“ bekannt (nach Szenarios von Greg), erfährt zur Zeit bei uns eine kleine, wie längst überfällige Renaissance: Neben „Marc Dacier“ bringt der All Verlag eine einbändige Gesamtausgabe von „Detektiv Carol“, ebenfalls eine SF-Serie und im SR Verlag erscheint wieder in einer Gesamtausgabe der Abenteuer-Klassiker „Valhardi“, der von Paape ab 1946 gezeichnet wurde. Auch vom zweiten „Marc Dacier“ Band gibt es eine auf 111 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe, die sogar noch erhältlich ist. (bw)
Marc Dacier, Band 2: Auf der Jagd nach der Sonne
Text & Story: Jean-Michel Charlier
Bilder: Eddy Paape
48 Seiten in Farbe, Hardcover
All Verlag
17,80 Euro
ISBN: 978-3-96804-209-1
