Eine Insel, die auf keiner Karte verzeichnet ist. Ein sagenumwobener Schatz, der dort zu finden sein soll. Und ein vermeintlich verschollener Lord, der ebenjenen suchen wollte: Die Geschichte, die Lady Peppermint Micky, Goofy und Donald berichtet, genügt, um deren Neugierde zu entfachen. Die drei nehmen den Auftrag an, den Verbleib von Lord Peppermint auf der ominösen Insel, die Seefahrer in alten Zeiten unheilschwanger „Terror Island“ tauften, zu klären und machen sich mit einem kleinen aber feinen Pop-Up-Dampfer auf den Weg. Dank Mickys Kombinationsgabe gelingt es, den ungefähren Standort des Eilands zu ermitteln. Als dieses endlich am Horizont auftaucht, geschieht eine Katastrophe: Die drei erleiden einen plötzlichen Schiffbruch, herbeigeführt durch einen alten Widersacher Mickys. Denn sie sind nicht alleine bei ihrer Suche. Und das ist erst der Beginn eines turbulenten Abenteuers…
„Terror Island“ ist ein weiterer Band aus der beliebten Disney-Hommage Reihe, die in Frankreich bei Glénat erscheint und an der bereits illustre franko-belgische Autoren und Zeichner wie Cosey oder Régis Loisel partizipierten. Auch Alexis Nesme ist hier kein Neuling. Bekannt wurde er durch seine eigenwillige, dreiteilige Jules Verne Adaption von „Die Kinder des Kapitän Grant“, die v.a. durch die aufwändigen Zeichnungen beeindruckte (auf Deutsch im Splitter Verlag erschienen). Und mit „Horrifikland“ legte Nesme vor einiger Zeit mit Lewis Trondheim als Autor eine erste Disney Hommage vor, auch mit Micky & Co. Bei dem aktuellen Band fungiert er nun auch als Szenarist. Und baut ganz ungeniert, was beim Lesen unschwer erkennbar ist, zusätzlich massive Hommagen an zwei Klassiker und Ikonen des Abenteuerfilms ein.
Das sind natürlich King Kong zum einen und Indiana Jones zum anderen. Die unbekannte Insel heißt in den Filmen Skull Island, und auch hier im Comic begegnen wir einem gewaltigen, uns auf den ersten Blick wohlbekannten Affen. In den uralten Gemäuern, die Micky, Donald und Goofy, wie auch deren Widersacher auf der Suche nach dem Schatz erkunden müssen, lauern zahlreiche Fallen und Gefahren, die teilweise identisch auch ein gewisser Doktor Jones überwinden und bewältigen musste. Soweit bekannt? Ja. Aber dann überrascht Nesme mit seiner Geschichte doch – und das gleich zweimal. Denn nicht alles ist wie es scheint. Eines nur Vorweg: das Mysterium um die Insel und den Lord wird schlüssig und lückenlos aufgeklärt, natürlich durch Mickys Scharfsinn und Kombinationsgabe.
Die Story, mit Einleitung, vier Kapiteln und einem Epilog, kommt schnell in Gang. Dabei bleibt Nesme bei der Darstellung seiner Figuren charaktertreu: Micky ist entschlossen, clever und mutig. Donald schreckhaft, naiv und ungeschickt und Goofy langsam, behäbig und schwerfällig. Logisch, dass die beiden letzteren dann auch für diverse Gags zuständig sind, ohne dass diese in Klamauk ausarten oder aufgesetzt wirken. Aber: Trotz der offensichtlichen Anleihen mangelt es Alexis Nesme nicht an originellen Ideen. Das beginnt bei Disney Klassikern – das Schiff ist nicht die einzige Reminiszenz an Steamboat Willie und/oder Floyd Gottfredson – und endet bei wunderbaren Seitenaufbauten, wie die Doppelseiten mit dem Labyrinth oder mit dem Weg durch den Dschungel. Überhaupt ist die visuelle Umsetzung wieder ein Pfund. Die Zeichnungen ähneln mehr Barks-Gemälden als konventionellen Disney-Comics und erscheinen aufwändig opulent und ansprechend. Dazu noch äußerst bunt. Selbst die kleinsten Panels bezaubern mit plastischen, farbenprächtigen Darstellungen. Was „Terror Island“ gleich in mehrfacher Hinsicht zu einem rundum gelungenen Hommage Band macht. (bw)
Micky Maus: Terror Island
Text & Bilder: Alexis Nesme
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Egmont Comic Collection
29 Euro
ISBN: 978-3-7704-0346-2