Black Hammer: The Unbelievable Unteens (Splitter)

März 16, 2023
Black Hammer: The Unbelievable Unteens (Splitter Verlag)

Dichtung und Wahrheit, das wusste schon der alte Goethe, liegen bisweilen recht nah beieinander. Diese Erfahrung macht auch Janet Ito, die auf dem Comic Con in Spiral City eigentlich nur fleißig ihre Auftragsarbeiten machen und dann das nächste Heft ihrer durchaus erfolgreichen Serie über die „Unbelievable Unteens“ in Angriff nehmen wollte. Da kommt allerdings dazwischen, dass ein flatterhaftes Geisterwesen in ihrem Zimmer erscheint, das sie sofort als Jack Sabbath erkennt, der sie permanent als „Strobe“ anspricht und ihr eine schier unglaubliche These offeriert: die Geschichten, die sie in ihrer Comic-Serie erzählt, sind keineswegs erfunden, sondern haben sich vor 12 Jahren exakt so zugetragen – mit ihr selbst als Heldin mittendrin. Die Protagonisten haben nur schlichtweg vergessen, dass sie einst Teenie-Helden waren, aber die Lektüre eines alten Heftes hat der Erinnerung von Jack auf die Sprünge geholfen.

Als Beweis für seine verwegenen Thesen bringt Jack die staunende Janet zum Anwesen des Milliardärs Miles Moniker, jenem Wissenschaftler, der die Truppe aus „begabten Jugendlichen“ damals zusammenstellte und ihr Hauptquartier einrichtete. Von dort aus bestritten Janet als Strobe, das lebende Licht, der Okkultist Jack Sabbath, der menschliche Fels Straka, der hitzköpfige Kid Boom und Monikers Tochter Alexis als telekinetisch begabte Snapdragon diverse Kämpfe und rasselten in der ultimativen Konfrontation schließlich mit dem Fiesling aus der Unterwelt White Wraith zusammen – den Janet stets auch als Endgegner in ihrer Serie im Hinterkopf hatte. Janet ist ausreichend überzeugt, um auf die Suche nach den ehemaligen Mitstreitern zu gehen.

In Person des Bauarbeiters Karl findet sich den ersten alten Weggefährten, der sich ebenfalls nach einigen Hinweisen beginnt, an seine Vergangenheit als Straka zu erinnern. Den alten Rabauken Kid Boom treiben die drei schließlich ebenfalls in Gestalt des Krankenpflegers Carlos Vasquez auf, der sich über seine Vergangenheit allerdings durchaus bewusst ist. Er pflegt nämlich seit 12 Jahren niemand anders als Alexis, die seit dem finalen Kampf gegen White Wraith im Koma liegt, während der am Boden zerstörte Doc Moniker alle Streiter außer Carlos die Ereignisse vergessen ließ. Jack, den Carlos wüst als Schuldigen an der ganzen Misere beschuldigt, will das nicht hinnehmen und macht sich auf den Weg in die Hölle, um dort Alexis‘ Seele zu retten…

Jeff Lemire zieht wieder einmal alle Register der Meta-Ebene und mischt diverse Vorlagen zu einer furiosen Melange: die Helden, die sich an nichts erinnern können, verweisen natürlich zunächst einmal auf die früheren Heroen von Spiral City, was seinerseits eine wunderbare Referenz auf die Miracleman-Saga ist, in der Alan Moore realen Charakteren die fiktive Historie diverser Comichelden verpasste (alles verstanden? Wenn nicht, Miracleman lesen!). Mit den „begabten Jugendlichen“, die ein älterer Mastermind um sich sammelt, zieht Lemire natürlich den Hut vor den X-Men – wobei Meister Moniker anfangs sogar als im Rollstuhl sitzend geplant war, wovon man dann doch als allzu nah an der Inspiration wieder abkam.

Die persönlichen Verstrickungen und enttäuschten Liebschaften innerhalb der Gruppe lenken den Blick dann schließlich noch auf die „Teen Titans“, die auch im Titel Pate standen: wie auch Alexis fürchtet sich dort Raven vor der Übermacht ihrer eigenen Kräfte, die ihr dämonischer Vater Trigon durch sie kanalisiert, was der fiese White Wraith hier ebenso handhabt. Gleichzeitig nutzt Jeff Lemire die Vermischung von Fiktion und Realität geschickt zu erzählerischen Winkelzügen – Carlos konfrontiert Janet mit der Aussage „Das ist kein Comic, Janet. Es ist die Realität“, die überzeugend kontert: „Es gibt kein Ende. Nicht in Comics. Nicht für Superhelden. Nicht wirklich“, was das fiktive Dilemma – wie motiviert man eigentlich die ewige Jugend der Sidekicks, Teenie-Helden und auch der anderen Protagonisten? – vergnüglich illustriert.

Auch optisch brilliert diese virtuose Story in der Umsetzung von Tyler Crook (u.a. „Black Hammer: Colonel Weird“, „Die sechste Waffe“) und transportiert den doppelbödigen Inhalt in diversen Heft-im-Heft-Sequenzen: die „Unteens“-Abenteuer sind im besten Silver Age-Stil gehalten und kontrastieren wirkungsvoll mit der doch eher düsteren Gegenwart.  Wieder ein genialer Beitrag zum Hammerverse, der vor allem Genrefreunde vollauf begeistern sollte. Der vorliegende Band enthält die Hefte 1-4 der „Unbelievable Unteens“ sowie das kleine Prequel „The Horrors To Come“, das anlässlich des Free Comic Book Days 2019 schon zu haben war. (hb)

Black Hammer: The Unbelievable Unteens
Text & Story: Jeff Lemire
Bilder: Tyler Crook
128 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
22 Euro

ISBN: 978-3-96792-227-1

Tags: , , , , , , ,

Comments are closed.