Erben will gelernt sein, vor allem, wenn man einen ganzen Planeten vermacht bekommt. Genau damit darf sich Danis Freundin Iris auseinandersetzen, als ihr Großonkel stirbt und ihr seine Heimat mit dem klingenden Namen Alice‘s Mirror hinterlässt, auf der Iris viele glückliche Kindheitstage verbracht hat. Als die Dame gemeinsam mit ihrem Begleiter, der Roboter Jorge, ankommt, staunt sie allerdings nicht schlecht: anstelle des Idylls aus ihrer Erinnerung landet sie in einer kargen Landschaft, die von Extremwetterlagen heimgesucht wird.
Der Telekinet Dorian hilft ihr aus der Patsche, und alsbald findet man heraus, wer hinter der Malaise steckt: die Betreiberin eines intergalaktischen Einkaufszentrums Tigresia Garrity wollte Alice’s Mirror als Parkplatz kaufen. Als Iris‘ Großonkel brüsk ablehnte, schickte die fiese Geschäftemacherin einen Wettersatelliten in die Umlaufbahn, der die Einwohner vertreiben und so freie Bahn schaffen sollte. Aber da hat die liebe Tigresia die Rechnung ohne Iris gemacht: gemeinsam mit Dorian, seinem Kumpel Alleskönner und Jorge macht man sich auf in Richtung Garrityland, um die Missetäterin zur Rechenschaft zu ziehen. Aber das gestaltet sich dank Dauerüberwachung und Konsumwahn der Kunden schwieriger als gedacht…
Den eigentlichen Held der Serie, den jugendlichen Dani Futuro, sucht man in diesem Band vergeblich – nur im allerletzten Panel erwähnt Jorge den üblichen Protagonisten kurz. Was auf den ersten Blick kurios erscheint, erklärt sich in der komplexen wirtschaftlichen Gemengelage, in der sich die Serie, das Verlagshaus Unisa und die Macher Victor Mora und Carlos Giménez Anfang der 70er befanden. Unisa ging in die Pleite und wollte die Reihe allzu gerne an Editions Lombard verscherbeln, wobei die beiden kreativen Köpfe weitgehend leer ausgegangen wären, weshalb man sich juristisch zur Wehr setzte. Flink sicherten sich Mora und Giménez außerdem durch Gang zum spanischen Registeramt die Urheberrechte für ihre Figur. Während dieser Hängepartie schien es schlichtweg zu unwägbar, viel Arbeit in ein weiteres Abenteuer um Dani zu investieren, weshalb Mora eine komplette Geschichte um Iris ersann, die eigentlich als Start für eine eigene Serie gedacht war. Als man sich schließlich in der Tat arrangierte und Dani 1974 doch noch eine Heimat im Tintin-Magazin von Lombard fand, wurde die Iris-Story kurzerhand in die Reihe eingebaut.
Aber auch ohne Dani gibt es in dieser Episode durchaus faszinierende Themen zu entdecken: da ist die Alice im Wunderland-Anspielung, in der Iris quasi durch den namensgebenden Zerrspiegel ein schräges Bild ihrer früheren Heimat sieht; in Garrityland liefert Mora eine hellsichtige Vision aller modernen „Factory Outlets“, in denen die Kunden permanent beschallt, belagert und belämmert werden, um deutlich mehr als geplant zu kaufen, wobei die Qualität deutlich zu wünschen übrig lässt und vor allem der Chefin die Taschen vollmacht. Fast schon beklemmend ist das Motiv der durchgängigen Überwachung, in der Tigresia einem gewissen Großen Bruder nicht nachsteht, ihre Untergebenen terrorisiert und auch vor dem Einsatz von Drogen nicht zurückschreckt.
In der Gestaltung von Carlos Giménez gibt dies Anlass zu allerlei atmosphärischen Szenen, von der verwüsteten Oberfläche von Alice’s Mirror über die klaustrophobischen Shopping-Center-Welt – in der auch mal ein Hofnarr umherspringt und wie weiland Macbeth verkündet, das Leben sei die Geschichte eines Idioten, die nichts bedeutet – bis hin zu einer wahrlich psychedelischen Sequenz mit Iris im Drogenwahn. Somit Spannung allenthalben, die im All-Verlag wieder hochwertig als Hardcover mit ausführlicher Einführung mit zeitgenössischen Dokumenten zu haben ist (und wahlweise auch als limitierte Vorzugsausgabe mit nummeriertem Exlibris. Dani greift ab Band 4, „Der verfluchte Planet“, wieder höchstselbst ins Geschehen ein – wir werden berichten. (hb)
Dani Futuro, Band 3: Iris von Andromeda
Text: Victor Mora
Bilder: Carlos Giménez
56 Seiten in Farbe, Hardcover
All Verlag
15,80 Euro
ISBN: 978-3-96804-078-3
