Überraschung: Band 2 beginnt nicht mit dem illegalen Streamliner Rennen oder den Vorbereitungen darauf, sondern mit einem dramatischen Rückblick. Vater O’Neil, dem die Tankstelle gehört, die als Basis des diesjährigen Rennens auserkoren wurde, kämpft im Zweiten Weltkrieg als Soldat in einer Fliegenden Festung, der Lisa-Dora. Das Flugzeug wird von den Deutschen abgeschossen und obwohl noch eine Notlandung gelingt, erweist sich O‘Neil als einziger Überlebender. Nach dem Krieg sichert er sich das zerschossene Wrack des Fliegers und macht es zum Teil, zum Markenziehen seiner Tankstelle, mitten in der Wüste, an der Route 66.
Sprung zurück in die Gegenwart der 60er Jahre. Der Tag vor dem Rennen. Das Teilnehmerfeld erweitert sich nochmals, als Rocksängerin Calamity auftaucht, eine Verflossene Billy-Joes, der sie wohl hat sitzen lassen, weshalb sie mit ihm noch ein Hühnchen zu rupfen hat. Dabei sind ihr die miesesten Intrigen gerade recht. Und dann gibt es auch Ärger mit William „The Kid“ Boney, dem vermeintlichen Mörder, der gerade aufgeflogen ist, aber trotzdem seine Teilnahme an dem Rennen erzwingt. Denn jeder ist heiss auf den All-In Preis, den der Sieger bekommt: die Tankstelle, die O‘Neil so leichtsinnig und unbedarft aufs Spiel gesetzt hat und die dessen Tochter Cristal, die das Rennen ebenfalls fährt, verteidigen will…
Mit Machenschaften und Konflikten bis unmittelbar vor dem Start spannt uns ’Fane weiter auf die Folter und baut Seite für Seite flirrende Spannung auf, wobei die Qualifikation für das Rennen beinahe zur Nebensache gerät. Dabei nimmt das von den Red Noses veranstaltete Streamliner Renn-Event, das nicht genehmigt, bzw. sogar verboten ist und in der Regel heimlich, still und (nicht ganz) leise stattfindet, langsam aber stetig gewaltige und kuriose Ausmasse an: einerseits riegelt die Polizei das Gelände hermetisch ab, andererseits bekommen die Medien inzwischen Wind von der Sache und planen, das „Rennen des Jahrhunderts“ ganz gross aufzuziehen, sogar mit einer Live-Übertragung eines Fernsehsenders aus einem Zeppelin heraus. Mit dem Startschuss fällt dann der Vorhang. Fortsetzung folgt.
Erneut mag ‘Fane (d.i. Stéphane Deteindre) mit seinen Zeichnungen die Geister scheiden. Die sind „gewohnt“ plakativ, auf das Wesentliche beschränkt, bisweilen grob, dann aber wieder sehr dynamisch, ausladend, ja mitreißend. Schnittig sind dabei nicht nur die Fahrzeuge, sondern auch die Damen, wobei Cristal diesmal nur eine Nebenrolle spielt. Auch bei den Farben (braun, blau) bleibt ‘Fane konsequent. Hinsichtlich der Story schiebt er immer wieder Elemente ein, die die Geschichte, bzw. die Spannung darin weiter anreichern und damit steigern. Mit dieser Mischung mit Anleihen aus „The Wild One“ und „Auf dem Highway ist die Hölle los“ bzw. „Fast & Furious“ trifft ‘Fane ins Schwarze. Mit Action, Intrigen und 50er Jahre Revoluzzer-Attitüde. Band 3 ist bereits für März 2018 angekündigt. Freuen uns darauf. (bw)
Streamliner, Band 2: Bye-bye, Lisa Dora
Text & Bilder: ‘Fane
80 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
16,80 Euro
ISBN: 978-3-96219-008-8
