Kiki de Montparnasse (Carlsen)

November 7, 2011

Carlsens dicke Graphic Novel über Alice Prin, genannt Kiki vom Montparnasse, hat einen großen Vorteil: Da es in einzelne chronologische Artikel gegliedert ist, kann man das Buch auch getrost mal weglegen und kommt dann schnell wieder in das Thema. Oder so: Die Graphic Novel hat einen großen Nachteil: Sie ist nicht gerade mitreissend, weshalb man den Band durchaus mal zwischendrin aus der Hand legt…. Tja, ein zweischneidiges Schwert also.

Kiki war Malerin, Tänzerin, Sängerin und stand als Muße im Paris der Goldenen Zwanziger und Dreissiger Jahre zahlreichen Avantgarde-Künstlern Modell. Und zwar schon mit 14. 1901 geboren, kam sie mit 12 Jahren nach Paris. Sie verkehrte mit Künstlern wie Man Ray, Picasso, Jean Cocteau oder Hemingway. Ihr unkonventioneller und letztendlich ungesunder Lebensstil konnte so auch nur in Paris funktionieren. Sie starb 1953 verarmt und gezeichnet von Drogen und Alkohol.

Die einzelnen Kapitel, beginnend mit ihrer frühesten Kindheit, wirken wie kurze Zeitfenster, durch die der Leser Einblicke in das turbulente Leben Kikis bekommt. Sie wirken wie kleine Häppchen – man wird nie satt. Gerade als der Leser tiefer in die Materie dringen will, geht‘s weiter zum nächsten Kapitel. Und oft zum nächsten Mann/Künstler in Kikis Leben. Das erleichtert nicht gerade, eine engere Bindung zur Geschichte zu bekommen. Nur manchmal erlebt man Kikis gewinnbringendes und charmantes Wesen, so als sie einem blinden Bettler zu größeren Einnahmen verhilft. Die schwarz-weiß Zeichnungen schwanken zwischen simpel und skizzenhaft und sehr schön recherchiert, indem sie das Zeitkolorit adäquat einfangen. Die bekannten Künstlerpersönlichkeiten sind gut getroffen, auch wenn sie oft nur Kurzauftritte haben und dann wieder aus der Geschichte verschwinden.

Wer sich die damalige Kunstszene (u.a. DADA) lebendig ansehen will, der kann sich jederzeit die Kunstfilme Man Rays aus dieser Zeit (auch mit Kiki) auf Youtube reinziehen. Kost nix und ist mal was anderes. Graphic Novel Einsteigern werden andere Titel aus dem Hause Carlsen, wie Ganz Allein, eher begeistern. (bw)

Text: Jose-Louis Bocquet
Bilder: Catel Muller
416 Seiten in schwarz/weiß, Hardcover, Buchformat
Carlsen Verlag
36 Euro

ISBN 978-3-551-79109-2

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