Fight Club 2, Band 1 (Splitter)

Dezember 17, 2015

Fight Club 2, Band 1 (Splitter)

Tyler Durden lebt. Dieser Titel ist Programm. Denn den Kollegen kennen wir natürlich bestens als rabiaten Kumpel der (namenlosen!) Hauptfigur, die zuerst im Roman und dann auch in der zum Kultfilm avancierten Kinoadaption zur Behandlung seiner Schlaflosigkeit zunächst Selbsthilfegruppen von Sterbenskranken aufsucht und zu einem Club stößt, in dem die Mitglieder sich windelweich schlagen, um so ihre Männlichkeit zu beweisen. Nebenbei stellt Durden Seife aus menschlichem Fett her und ruft auch noch zu terroristischen Akten rund um die Welt auf – seine Gruppe von „Weltraumaffen“ soll im „Projekt Chaos“ die Grundfesten der Zivilisation erschüttern. Im damals durchaus aufsehenerregenden Showdown stellte sich dann heraus, dass Durden nichts anderes als die Inkarnation der gespaltenen Persönlichkeit des Protagonisten ist/war/sein wird. Denn auch – und hier setzt Chuck Palahniuk, seines Zeichens Autor der Romanvorlage, an – wenn der jetzt als Sebastian lebende Herr ein an der Oberfläche kleinbürgerliches Leben führt, brodelt seine anarchische Seite weiter.

Seine Frau Marla, mit der er einen kleinen Sohn hat, zeigt sich durchaus gelangweilt von ihrem Mann – allzu fasziniert war sie von dem Psychopathen, in den sie sich doch einst verliebt hatte. Die Ehe ist langweilig, man steht vor der Trennung, Marla folgt vor lauter Öde den Internet-Suchen ihres Mannes und landet bei einer Selbsthilfegruppe von Kindern, die unter dem Hutchinson-Gilford-Syndrom – also vorzeitiges Altern – leiden. Aber wenn es nicht mehr funkt, lässt sich ja einfach Abhilfe schaffen: Marla manipuliert kurzerhand den Medikamentenmix, der die innersten Züge des angepassten Sebastian im Zaum hält, und erhofft sich damit ein wenig mehr Feuer. Das erreicht sie auch – kaum überraschend tritt bald darauf Tyler Durden auf den Plan, und eine wüste Achterbahnfahrt aus Gewalt, Exzessen und Absonderlichkeiten beginnt. Das Haus von Sebastian und Marla explodiert, die gefundene Kinderleiche ist nur vermeintlich ihr Sohn, der von dem neu gegründeten „Projekt Chaos“ entführt wird. Sebastian schließt sich der Truppe seinerseits an, die in sämtliche modernen Terrorschauplätze verwickelt ist und gerne auch mal ein islamistisches Attentat durchführt. Marla ihrerseits schnappt sich ihre Methusalem-Kinder-Freunde und zieht mit ihnen durch alle Krisenherde der Welt – Dakar, Somalia, Kongo und andere schöne Orte – um ihren ultimativen Kick zu finden. In diesem Chaos entstehen auch wieder die Fight Clubs, in denen Tyler seine gewaltsame Herrschaft zementiert und grausam auslebt. Und Sebastians Sohn beginnt in akuter Lebensgefahr zu schweben…

War schon der Palahniuk-Roman ein typisches Produkt der 90er, in dem Fragen wie verlorene Identität, Mannsein und Sozialisierung behandelt wurden, fristete die Verfilmung an der Kinokasse trotz der Meisterhand von David Fincher und Starbesetzung mit einem gestählten Brad Pitt und einer komplett durchgeknallten Helena Bonham-Carter eher ein Mauerblümchendasein. Erst auf DVD erreichte das symbolträchtige Epos Kultstatus, den es bis heute nicht mehr losgeworden ist. Kaum verwunderlich also, dass Comicfan Palahniuk die Geschichte des Protagonisten irgendwann weiterspinnen wollte – was er wie Joss Whedon mit Buffy nicht auf der Kinoleinwand, sondern erst einmal als Comicserie tat, die im Original bei Dark Horse erscheint. An heftigen Szenen, Abseitigkeiten und Brutalität stehen Tylers neue Eskapaden dem ersten Ausritt in keinster Weise nach: da wird geprügelt, getötet und beschimpft, dass es eine Art hat.

Natürlich mangelt es an dem entscheidenden Plot Twist, der die psychedelischen Geschehnisse im Original plötzlich erklärlich machte, und die eine oder andere Idee scheint gezielt verstörend lanciert – aber durch die Dreingabe der mindestens ebenso wahnwitzigen Marla, die gewissermaßen als verzerrte Übersteigerung der als Ehe institutionalisierten Ödnis und dem Drang nach Leidenschaft erscheint, erzeugt Palahniuk auch in Teil 2 einen alptraumhaften Reigen, der sich allerdings ohne Kenntnis der Grundgeschichte kaum erschließen dürfte. Eisner-Award-Preisträger Cameron Stewart bringt die Story in eher abstrahierte, teilweise fast schon cartoonartige Panels, in denen das spritzende Blut oder auch Sebastians Drogen die Texte und Bilder bisweilen überlagert und die nicht spärlich gesäten Schockelemente öfters drastisch zum Tragen kommen. Starker Tobak, was die Schöpfer allerdings ganz bewusst in Kauf nehmen. Ach ja, und Seife machen sie auch wieder. Der vorliegende Band enthält die US-Original-Hefte 1-5, ergänzt durch eine Galerie mit den Covers, die David Mack besorgte. (hb)

Fight Club 2, Band 1: Tyler Durden lebt
Text: Chuck Palahniuk
Bilder: Cameron Stewart
144 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
22,80 Euro

ISBN: 978-3-95839-171-0

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