Akte X, Staffel 10, Band 3 (dani books)

Januar 10, 2015

Akte X, Staffel 10, Band 3 (dani books)

Verschwörungstheorien, finstere Machenschaften, Parapsychologie, seltsame Vorkommnisse, ungelöste Fälle – und über allem immer die bange Frage: gibt es sie nun wirklich, die Besucher von anderen Welten, oder ist das nur eine fixe Idee eines Wirrkopfs im Keller des FBI? Diese Mixtur, ersonnen von Chris Carter, sorgte jahrelang für ein TV-Phänomen sonders gleichen, das erst dann an Faszination verlor, als die Rollenverteilungen allzu oft wechselten – die ewige Skeptikerin Dana Scully konvertierte zum Alien-Anhänger, und der Mahner Fox Mulder fiel vom Glauben ab, und wieder zurück – und einem  durchaus noch sehr brauchbaren Kinofilm David Duchovny der Serie nach der siebten Staffel weitgehend den Rücken kehrte (um später in Californication die coolste Socke der Welt zu geben). Mit Robert Patrick (also eigentlich dem T-1000) wurstelte man zwar noch eine Weile weiter, aber 2002 war dann erst einmal Ende im Kanal. 2008 schaffte man es dann, noch einmal die Original-Macher Carter, Duchovny und Anderson unter einen Hut zu bringen und erfreute die nach wie vor zahlreiche Anhängerschar mit dem zweiten Kinowerk The X-Files – I Want To Believe – und an diese Handlungselemente schließt nun die zehnte Staffel der TV-Serie an, die – ähnlich wie bei Joss Whedons Buffy – unter der Produzenten-Ägide Carters und aus der Feder von Joe Harris zwar nie das Licht der Flimmerkiste, aber doch die Seiten der Comics erblickt (die Comic-Serie von 1995-1998 war ein Spin-off der Serie und erschien begleitend als Adaption einzelner Episoden).

Und so dürfen wir mit verfolgen, wie Mulder und Scully nach Saudi-Arabien entsandt werden, um durchaus befremdliche Vorgänge zu untersuchen: auf einem Ölfeld kommt es zu einem Terroranschlag, der sich relativ schnell als ganz und gar nicht politisch motiviert herausstellt. Bei den Bohrungen hat man eine schwarze Masse gefunden, die reihenweise Wirte befällt und diese instrumentalisiert, um zu einem gewissen Sheltem zu gelangen. Dabei verschwinden Menschen urplötzlich, nur um tausende Kilometer entfernt wieder aufzutauchen und dabei auch noch einige Sekunden ihres Lebens zu verlieren. Dies wiederfährt auch Scully und Mulder, nachdem letzterer eine schockierende Entdeckung macht – mitten in den Straßen Riads trifft er auf Alex Krycek, den abtrünnigen Agenten, dem Assistant Director Walter Skinner doch eigentlich mit einem Schuss den Garaus gemacht hatte. Mit der Hilfe der Powernerds von den Lone Gunmen verfolgen Scully und Mulder den Totgeglaubten, der bald einem anderen alten Bekannten in die Hände fällt: Cancerman – oder Cigarette Smoking Man, wie man ihn in der Serie schon früh politisch korrekter nennen musste – tritt kettenrauchend und mysteriös wie gewohnt auf den Plan, um Krycek sein Geheimnis zu entreißen. Die schwarze Masse, die sich über Berührung verbreitet, nimmt derweilen Mulder in Besitz, und nachdem offenkundig ist, dass hier eine uralte Rasse von Aliens Menschen kurzzeitig entführt, kommt es dann wie schon in der TV-Serie beim Skyland Mountain National Park zum Finale, an dem einige Rätsel geklärt, aber viele Frage auch offen bleiben…

Inhaltlich greift Harris hier auf die X-Files-Episoden Tunguska und Terma zurück, in denen Scully und Mulder in Russland der Spur eines vor Urzeiten niedergegangen Meteors nachgehen und dabei auf ein mysteriöses schwarzes Öl stoßen, das ganz offensichtlich außerirdischen Ursprungs ist. In dieser Storyline mischte seinerzeit auch schon Krycek ganz gehörig mit, der hier nun von Aliens immer wieder aus der Vergangenheit geholt wird, um sie zu ihrem Ursprung zurückzuführen. Die unheilvolle, dichte Atmosphäre einer guten TV-Episode wird dabei durchaus gekonnt eingefangen, Mulders Respektlosigkeit und Eigenwille sogar noch verstärkt (zumindest kann ich mich nicht daran erinnern, dass er jemals offen zugab, sich Pornos anzusehen), und die Hauptzüge – Paranoia, Verschwörung auch in den eigenen Reihen, I want to believe! – organisch in die Story integriert. Hierbei bezieht sich Harris allerdings derart eng auf die gesamte X-Files-Mythologie und setzt eine solch detaillierte Kenntnis zahlreicher Charaktere und ihrer Historie voraus, dass es für Außenstehende wohl nachgerade unmöglich sein dürfte, den Geschehnissen zu folgen.

Wer also immer schon etwas mit dem ewigen Raucher, dem stets korrekt-nervösen Skinner, dem Querkopf Mulder und der teilweise verdammt sexy daherkommenden Scully anfangen konnte, der sollte an der 10. Staffel seiner Lieblinge seine wahre Freude haben, zumal man hier die traditionellen Alien-Elemente gekonnt mit modernen Themen wie Terrorangst und totaler Überwachung kombiniert. Zeichnerisch ist das Ganze von Matthew Dow Smith weitgehend eigenständig inszeniert, die Figuren ähneln ihren „echten“ Gegenparts genug, um den Wiedererkennungswert zu schaffen, bleiben aber dennoch ausreichend stilisiert, um nicht in einen reinen Fotoroman abzugleiten.  Der vorliegende, von dani books schön eingerichtete Band enthält die gesamte Storyline X-Files Season 10: Pilgrims, die in den USA im Sommer 2014 in fünf Heften erschien, und präsentiert somit brandaktuelles Material. (hb)

Akte X, Staffel 10, Band 3: Pilgrims
Text: Joe Harris
Bilder: Matthew Dow Smith
128 Seiten in Farbe, Softcover
dani books
16,99 Euro

ISBN: 978-3-944077-52-9

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