Doppel-Wumms im Weltraum: irgendwo in den Tiefen des Alls, zwischen dem kolonisierten Planetensystem Proxima Centauri und der Erde, erschüttern zwei gigantische Explosionen die riesige Raumfähre Leviathan. An Bord befinden sich zahlreiche Schülerinnen und Schüler auf Klassenfahrt, gemeinsam mit zwei Lehrern. Herrscht zuerst Unklarheit über den Vorfall und die Schäden am Schiff, erfahren der Schüler Ichinose und die Schülerin Nikaido bald von der scheinbar aussichtlosen Lage und der sich anbahnenden Tragödie: Der Sauerstoff an Bord reicht noch für etwa 50 Stunden, ein Notruf konnte nicht abgesetzt werden. Rechtzeitige Hilfe von außen ist also nicht zu erwarten. Auch brisant: aus früheren Zeiten existiert an Bord noch eine Kälteschlafkapsel, die das Überleben sichern würde. Aber eben nur für eine Person… Eingebettet ist die Story von einer Rahmenhandlung: Jahre, Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte später entdecken Weltraumplünderer das bis dato verschollene Wrack der Leviathan, verschaffen sich Zutritt und finden das Tagebuch, das Ichinose seinerzeit über die Ereignisse an Bord verfasste.
Ichinose ist dann auch einer der Hauptakteure des Geschehens – ein eher schmächtiger, schüchterner Schüler, der auch schon Ziel von Mobbing wurde, der Anschluss oder Halt sucht. Den findet er weder bei seinem Lehrer, der ihn streng ermahnt, noch bei der jungen, unentschlossenen Lehrerin, die angesichts der Situation die Nerven zu verlieren droht. Dann ist da noch Nikaido, eine Schülerin, mit der Ichinose einen Auftrag erledigen soll. Nikaido ist aus ganz anderem Holz geschnitzt. Sie erweist sich als intrigant und verschlagen, als eine geschickte Manipulatorin, die auch vor radikalen Schritten nicht zurückschreckt. Mit ihrem durchdringenden Blick und ihrem plötzlichen Auftreten sorgt sie für eine unheimliche Aura. Wie gehen Ichinose und Nikaido, die von der prekären Lage zufällig als erste erfahren, damit um? Nutzen sie ihren Wissensvorteil hinsichtlich der Kälteschlafkapsel?
Mangaka Shiro Kuroi erzählt seine geschickt eskalierende und sich zuspitzende Story in eindringlichen Bildern mit einem realistischen, feinen Strich. Ständig baut er Wendungen ein, gerne drastisch, und das in beiden Handlungsebenen. Während bei der Schulklasse das ohnehin brüchige soziale Gefüge und damit die Gemeinschaft und die Menschlichkeit nach und nach auseinanderzubrechen droht – auch dank Nikaido und Ichinose –, stehen die Plünderer vor gleich mehreren Rätseln, je mehr sie das gefundene Tagebuch lesen und je tiefer sie in das Wrack eindringen: was hat es mit den Fallen auf sich, die überall im Schiff montiert sind? Gibt es doch noch Überlebende? Was hat das Unglück verursacht? Welche Überraschungen mag das Schiff nach all der Zeit noch bergen? Dass die dramatischen Schilderungen im Tagebuch der Wahrheit entsprechen, zeigt sich schon bald… Originell: Shiro Kuroi gestaltet seine Leviathan anachronistisch nach einem heutigen Kreuzfahrtschiff, samt Schornsteinen. Die spannende Story wird im Oktober fortgesetzt und endet mit Band 3 im Januar. (bw)
Leviathan, Band 1
Text & Bilder: Shiro Kuroi
196 Seiten in Schwarz-Weiß, Softcover
Carlsen Verlag
12 Euro
ISBN: 978-3-551-80372-6
