Inzwischen ist Vivien von Agurien, der Bastard des Königs, siegreich aus der Schlacht hervorgegangen. Der Verlierer heißt Elgar, der bis vor kurzem noch als der rechtmäßige Thronerbe galt. Man könnte meinen, das Spiel um den Thron wäre damit entschieden, stünde da nicht eine neue Figur auf dem Feld. Denn Schwarzkopf ist wieder auferstanden, ein Dämon, der nun der Königin Jamaniel (die Mutter Elgars) zu Diensten ist, in der – das wissen wir inzwischen – ebenfalls ein Dämon haust. Schwarzkopf beginnt auch sogleich mit seinem blutigen Werk, nämlich in der Burg, in der Oriane aufwuchs, seine Tochter. Während die Hexen um ihre Chefin Sanctus beraten, wie man den Dämon erneut vernichten kann, kommt es zu einem ersten unvermeidlichen Familientreffen zwischen Schwarzkopf und Oriane, also zwischen Vater und Tochter. Ein Treffen, das einen doch recht unkonventionellen Ausgang nimmt…
Die Geschichten um das verlorene Land, eine düstere, raue, geografisch nicht näher bestimmte Gegend, startete der renommierte Autor Jean Dufaux (u.a. „Giacomo C“, „Saria“) bereits 1993. Ein Jahr später erschien der erste Band bei Egmont/Ehapa. Bis 2000 wurde dort der erste Zyklus abgeschlossen, übrigens gezeichnet von Grzegorz Rosinski, der mit „Thorgal“ Berühmtheit erlangte. Die vier Bände wurden später von Splitter in einer Gesamtausgabe nachgedruckt. Der Splitter Verlag brachte dann auch den zweiten Zyklus, „Ritter des verlorenen Landes“, der von Jérémy („Barracuda“, „Die Ritter von Heliopolis“) nach dem Tod von Philippe Delaby („Murena“) fertig gezeichnet wurde. Im dritten Zyklus übernahm dann Béatrice Tillier den Zeichen- bzw. Malstift. „Hexen des verlorenen Landes“ startete 2016 und nun, nach fast 4 ½ Jahren Wartezeit, kommen wir endlich in den Genuss des dritten und vorletzten Bandes dieser Runde.
Eine lange Zeit, weshalb Dufaux auf den ersten Seiten noch einmal zur Auffrischung seine Figuren grob die Vorgänge und Geschehnisse des letzten Bandes rekapitulieren lässt. Dann wird die Story schnell und munter wieder aufgenommen, in der ähnlich wie bei „Game of Thrones“ vermeintlich tragende Charaktere schlagartig aus dem Spiel genommen wurden und werden. Was bleibt ist letztlich der Fantasy-typische Kampf zwischen Gut und Böse – hier zwei Dämonen, dort die Hexen und die Aufrechten um Prinz Vivien. Dennoch werden immer wieder überraschende Bündnisse geschlossen und genauso schnell wieder gebrochen, Intrigen und Wendungen inklusive, niemand kann hier eben auf Dauer gegen seine Natur handeln. Schillernd hervor sticht dabei Schwarzkopf, jener Dämon, der einen ambivalenten Charakter zeigt. Um ihn, bzw. das Rennen um seine Auferstehung, ging es vordergründig im letzten Band. Im Auftakt standen Prinz Vivien und seine Herkunft im Mittelpunkt. Nun konzentriert sich die Story auf Oriane, die Tochter Schwarzkopfs.
Die lange Wartezeit seit Band 2 ist wohl den unglaublich aufwändigen und detailfreudigen Zeichnungen von Béatrice Tillier geschuldet, von der bei uns außerdem „Fee“ (auch bei Splitter) und „Der Wald der Jungfrauen“ (bei Salleck, wieder mit Jean Dufaux) vorliegen. Ihre Bilder sind durchweg fein und hoch realistisch gestaltet, mit einer ebenso exquisiten Farbgebung, teilweise märchenhaft anmutend und im positiven Sinne fast kitschig, so dass Leserinnen und Leser förmlich in dem Geschehen versinken. Übrigens: Zwischen dem Erscheinen von Band 2 und 3 hat Dufaux gemeinsam mit dem Zeichner Paul Teng („Chinaman“) einen weiteren Zyklus begonnen („Les Sudenne“), der inhaltlich an den ersten Zyklus anschließt und der bei uns noch einer Veröffentlichung harrt. Wir harren derweil auf den abschließenden Ausflug zu den Hexen des verlorenen Landes. Und der wird sicher und leider noch eine Weile auf sich warten lassen… (bw)
Hexen des verlorenen Landes, Band 3: Regina Obscura
Text & Story: Jean Dufaux
Bilder: Béatrice Tillier
64 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
17 Euro
ISBN: 978-3-95839-391-2