Tugat heißt er, unser kahlköpfige und bärtige Held, der von der plötzlich auftauchenden Hexe Mag auf eine nebulöse Quest geschickt wird. Dazu soll er zuerst durch einen dichten Wald zu einer Zitadelle gelangen. Dort werde sich alles weitere ergeben. Nun scheint Tugat nicht der Hellste zu sein – er hinterfragt seinen neuen Job nicht sonderlich, obwohl er sich an seine Vergangenheit nicht erinnern kann. Und kommt prompt zur falschen Zitadelle, wo ein seltsames Völkchen – es soll nicht das letzte sein – auf ihn wartet. Bald darauf trifft er erstmals auf die entlaufene Sklavin Moja, die immer wieder seine Begleiterin wird, wie auch auf den Antagonisten Thur Lon, einen Sklavenhändler. Später führt ihn sein Weg in eine Gladiatoren-Arena, er versucht eine Entführung aufzuklären, kämpft gegen Zombies und trifft die kahlköpfigen Zwillingsschwestern Guno und Bodon.
Die Geschichten um Tugat und die „Murky World“, die düstere, trübe Welt, entstanden ab 2012 und können schon als Spätwerk Richard Corbens angesehen werden, der 2020 im Alter von 80 Jahren verstarb (nachdem er zwei Jahre zuvor in Angoulême mit dem großen Preis ausgezeichnet wurde). Die Reihe erschien zuerst in mehreren Heften bei Dark Horse, die hier bei Splitter erstmals komplett, als Gesamtausgabe in einem Band gesammelt sind. Wir treten ein in eine typische Fantasy-Welt voller fremder Kreaturen und monströser Gestalten. Und zwar im Corben-Style. Denn sofort nimmt einem dieses außergewöhnliche Flair gefangen, mit seiner typischen Corben-Mischung aus Faszination und Albernheiten, das man mag – oder eben auch nicht. Falls nicht, wird auch dieser Band daran nichts ändern.
Die Story startet quasi aus dem Stand – die einäugige Hexe Mag erscheint und schickt Tugat los. Später kommentiert und begleitet Mag das Geschehen gerne aus dem Off als Erzählerin, bis sie gegen Ende erneut auf Tugat trifft. Der ist die nicht gerade cleverste Karikatur eines Fantasy-Barbaren, dennoch vereint er dessen „Tugenden“ auf sich: Er denkt nicht lange nach, findet stets einen Ausweg und scheut keine Gefahren. Kurios: Ist Tugat in der ersten Episode ein älterer Mann samt Rauschebart, ändert er ab Episode 2 seine Gestalt, wird plötzlich jünger dargestellt, nur um dann langsam wieder im Laufe der Story sein ursprüngliches Aussehen anzunehmen. Bis sich ein Kreis schließt. Corbens Zeichenstil ist dabei einmalig, wie auch einmalig skurril. Die Gesichter seiner Figuren sind ausdrucksstark, dabei massiv stilisiert und oft seltsam verschoben, fast grotesk – so kann der Stil seine Herkunft aus dem Underground-Genre kaum leugnen.
Seine somit schrägen Gestalten und Figuren treten gerne im Adamskostüm auf, mit übergroßen Proportionen (v.a. was die Damen betrifft). Die Farben mit ihren sanften Verläufen sorgen wie so oft bei Richard Corben für einen 3D-Effekt. Der ist auch bei der Ur-Fassung der Story erkennbar, die in Schwarz-Weiß gehalten ist und ebenfalls komplett (24 Seiten) in dem Band zum Abdruck kommt. Einige Seiten mit Skizzen und Entwürfen zur Reihe runden den Band ab. Das einfühlsame Vorwort – inklusive „Bat out of Hell“ Anekdote (für alle Unwissenden: Corben zeichnete das Cover des legendären Meat Loaf Albums) – stammt von Hellboy-Erfinder Mike Mignola. Demnächst erscheint bei Splitter auch DEN, eine weitere Corben-Barbaren-Fantasy, die bereits in den Siebziger Jahren entstand. Auch darauf freuen wir uns. (bw)
Murky World
Text & Story: Richard Corben, Mike Shields
Bilder: Richard Corben
168 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
39,80 Euro
ISBN: 978-3-95839-256-4