Gloria Victis, Band 2 (Splitter)

April 8, 2016

Gloria Victis, Band 2 (Splitter)

Schicksalhafte Zeiten für Aelio: obwohl der sich geschworen hat, niemals einen Pferdewagen zu lenken, weil sein Vater in der Arena zu Tode kam, zieht sich das Netz immer enger um ihn. Der Patrizier Nigrinus, dem er als Sklave dienen muss, erkennt seine instinktiven Fertigkeiten und setzt ihn als Trainer ein. Da hilft es auch wenig, dass Nigrinus‘ Ehefrau eine lüsterne alte Vettel ist, die sich gerne mal mit dem jungen Sklaven vergnügt, der in seine Leidensgenossin Fabia verliebt ist. Dann steht der große Tag bevor: der Tross reist ins spanische Ilici, um dort am Wagenrennen teilzunehmen, das auf die Spiele im Circus Maximus vorbereitet. Für Aelio ein mehr als bedrückender Ausflug in die Vergangenheit, geht es doch auf genau die Rennbahn, auf der sein Vater vor zwölf Jahren sein Leben verlor. Dabei gibt es schon vor dem großen Kampf Konflikte: während der vorangehenden Gladiatorenkämpfe verhilft Aelio einem geheimnisvollen, mit Helm maskierten Hünen zum Sieg, und auch im Fahrerlager geht so manches Ränkespiel vor sich.

Denn einer der Streiter ist niemand anders als Victor, der Sohn jenes Halunken, der seinerzeit im Rennen mit Aelios Vater schwer verletzt wurde, weshalb der Filius ewige Rache an Aelio geschworen hat. Dafür sieht er nun die Chance gekommen: er kippt dem ohnehin dem Alkohol zugeneigten Fiscus, dem Fahrer aus dem Rennstall von Nigrinus, ein Mittelchen in den Wein, das bei dem Säufer für eine massive Unpässlichkeit sorgt – und plötzlich sieht sich Aelio mit einer Entscheidung konfrontiert. Als Nigrinus, der plötzlich ohne Fahrer dasteht, ihm für den Fall des Sieges die Freiheit für ihn und auch noch Fabia verspricht, willigt er wider besseres Wissen ein, Wagen zu führen. In der Arena kommt es dann zur Katastrophe: Victor spielt ein übles Spiel und führt absichtlich einen massiven Unfall herbei, dem Aelio nur mit knapper Not schwer verletzt entkommt. Das Volk feiert ihn dennoch als Sieger, weil er in einem wagemutigen Manöver Schlimmeres verhindern konnte. Aber der Rachedurst von Victor ist noch lange nicht gestillt, und er schreckt auch vor grausamen Taten nicht zurück…

Handlungstechnisch knüpft Juanra Fernández, der mit Gloria Victis seine erste Serie vorlegt, nahtlos an Band 1 seiner zutiefst in der Realität des damaligen Rennzirkus verwurzelten Ben Hur-Saga an – dass Aelio irgendwann hinter den Zügeln eines Rennwagens landet, kam für uns als erprobte klassische Tragödienleser nicht gänzlich unerwartet, und auch die Konfrontation mit seiner Nemesis Victor zeichnete sich ab. Aber Fernández fügt auch mehr als nur überraschende Handlungselemente ein, wie etwa Victors fast schon psychopathischen Rachedrang oder die geheimnisvolle Figur des Gladiators Caturix, der sich gegen Ende zum Mentor im Hintergrund entwickelt. Vor allem aber entsteht erneut ein breites, kraftvolles Sittengemälde aus einer durch Dekadenz, Gewalt, Machtstreben, Geldgier und rücksichtsloser Ausbeutung geprägter Gesellschaft, in der Menschen zum Faustpfand werden, Adlige ihre ganze Existenz mit Wetten auf Pferderennen bestreiten (und verwirken) und der Einzelne seine Integrität nur schwerlich wahren kann.

Wenn auch die unglaublich akribischen Cinemascope-Zeichnungen aus Band 1 nicht mehr am Start sind, liefert Mateo Guerrero dennoch wieder eine reife Leistung ab, die vor allem in den dynamisch aufgeladenen, großformatigen Rennszenen in der Arena von Ilico glänzt, aber auch in den atmosphärischen, dramatischen Momenten durch kongeniale Farbgebung überzeugt. O tempora, o mores, mag man da rufen – aber Band 3 ist in Vorbereitung. (hb)

Gloria Victis, Band 2: Der Preis der Niederlage
Text: Juanra Fernández
Bilder: Mateo Guerrero
48 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro

ISBN: 978-3-95839-124-6

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