Stanley Cowen ist ein echt armes Schwein. Seine Freundin Fiona betrügt ihn nach Strich und Faden, im Job ist er wenig mehr als ein Fußabstreifer für Kollegen und sadistische Chefs. Urplötzlich ändert sich sein Leben: der Höllenlord Zed, kurz für Zedirex, fährt in seinen Körper und befreit sich damit endgültig aus seiner unterirdischen Gefangenschaft. Fortan schlägt Stanley mit teuflischer Energie alles kurz und klein, richtet nebenbei Massaker an und lässt es auch sonst ordentlich krachen.
Wenn Zed allerdings schläft, kommt Stanleys eigenes Bewusstsein wieder zum Vorschein und quält den armen Kerl, der sich nicht anders zu helfen weiß, als beim dubiosen Billig-Esoteriker Edmond einen Exorzismus vornehmen zu lassen. Die Austreibung klappt tatsächlich, allerdings mit anderem Effekt als erwartet: Zed verlässt zwar die sterbliche Hülle, aber die Höllenkräfte bleiben Stanley dennoch erhalten. So gestählt, kapert Stanley kurzerhand die Selbsthilfegruppe, die er besucht hatte, und startet damit seine eigene Bewegung.
Man kauft das Haus eines ehemaligen Serienmörders (seinerseits offenbar von einem Dämon besessen) und sammelt dort eine stets wachsende Schar um sich, bis selbst die internationale Kirche Luzifers in Gestalt ihres Hohepriesters Argyle von Grey aufmerksam wird und Stanley rekrutiert. Der entmachtete Zed erscheint dem neuen Star am Guru-Himmel immer wieder und warnt vor erbosten anderen Höllenlords, die ihn jagen werden, während der besorgte Edmond per Livestream die Auftritte Stanleys beobachtet und langsam realisiert, was er da angerichtet hat…
Collen Bunn, der ja schon mit „Die Sechste Waffe“ (erschient im All Verlag) und „Harrow County“ (aktuell bei Skinless Crow) eine schmissige Story mit dämonischem Einschlag kredenzte, liefert hier eine wilde Achterbahnfahrt, die die beliebte Prämisse „Underdog avanciert zum Held“ tiefschwarz einfärbt. Stanley ist anfangs ein Loser, den man noch nicht einmal bedauern kann, nutzt aber in Folge seine überraschend erlangten Fähigkeiten derartig boshaft aus, dass er noch nicht mal mehr als Anti-Held, sondern nur noch als Schurke durchgeht.
Der Höllenlord changiert dabei von Schreck- zu Witzfigur, während Stanley eine kometenhafte Karriere als Sektenführer macht, der hemmungslose Selbstsucht mit einer antiautoritären Botschaft kombiniert: Menschen, Individuen sind bedeutsam, nicht die Metaphysik, der Glaube oder das System – eine individualistische Gegenposition zu seiner früheren Rolle als reines Rädchen im Getriebe, die überspitzt-satirisch nur seinen eigenen Zwecken dient (immerhin führt er selbst ein neues System an).
Die blutige Spur, die Stanley zieht, parodiert und überzeichnet sattsam bekannte Rache-Stories, was Marvel-Zeichner Fran Galán furios in Szene setzt. Angereichert mit einem Anhang, in dem die Schöpfer die Gestaltung der Hauptfiguren erläutern (so etwa wandelt sich Stanley auch äußerlich von zerknüllten Loser zum Strahlemann, der allerdings nach wie vor durch große Ohren charakterisiert ist), erscheint der Band bei Splitter standesgemäß aufgemacht auf 104 blutgetränkten Seiten. Da ist echt die Hölle los… (hb)
Lucky Devil
Text & Story: Cullen Bunn
Bilder: Fran Galán
104 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
19,80 Euro
ISBN: 978-3-98721-182-9