Das Blut der Unsterblichen (Splitter)

November 10, 2022
Das Blut der Unsterblichen (Splitter Verlag)

Uralter Traum der Menschheit, neue Ausgabe: im Jahr 2347 mehren sich die Hinweise darauf, dass auf dem entlegenen Planeten Verfebro der Schlüssel zur Unsterblichkeit versteckt sein könnte. Eine Expedition kommt mit Professor Glarith, dem einzigen Überlebenden, zurück, der trotz erheblicher Verletzungen nicht stirbt, sich jedoch durch einen Sprung aus der Luftschleuse ins All selbst richtet. Nach seinen wirren Aussagen hat er Blut einer wilden Spezies namens Dracs getrunken, was ihm ewiges Leben, aber offenbar auch geistige Verwirrung beschert hat. Grund genug für den Pharmakonzern Selfano, eine weitere Mission in Richtung Verfebro zu schicken: immerhin wäre ein Mittelchen, das Unsterblichkeit verspricht, wohl der ultimative Kassenschlager.

Schon beim Anflug ergeben sich allerdings Probleme: der Raumer legt eine ordentliche Bruchlandung hin, und die Kommunikation in Richtung Heimat wird durch einen Sabotageakt erheblich erschwert. Als sich der Tross auf den Weg in den Dschungel von Verfebro macht, zeigt sich der Planet als enorm feindliche Welt: sofort greift fliegendes Kroppzeug an und tötet alle mitgereisten Soldaten. Der übrige Tross, bestehend aus den beiden Söldnern Affer Samsara und Nemrod Loxmith sowie dem Geistlichen Jok und der Ärztin Liaren Teafor (die ihre ganz eigenen Gründe hat, die Unsterblichkeitsdroge zu finden) macht sich weiter auf die Suche nach den Dracs, als man plötzlich auf einen weiteren Menschen stößt: Henji Esac rettet der guten Liaren den buchstäblichen Hals und stellt sich als einziger Überlebender der ersten Mission vor, der offenbar auch die Gnade der Unsterblichkeit abbekommen hat.

Gerade als sich zarte Bande zwischen Henji und Nem entwickeln, trifft die Expedition auf eine weitere handfeste Überraschung: der Planet wird von einer intelligenten Alien-Rasse bewohnt, die Henji allzu gut kennt. In einer der Lava-Festungen der bleichen, hünenhaften Wesen enthüllt sich, dass die einheimischen Alderadianer entgegen Henjis ersten Aussagen seit Jahrhunderten ebenfalls keinen Tod mehr kennen und nur noch den „Zwischentod“ fürchten – einen Zustand schwerster Verletzung, der durch die Unsterblichkeit zum fürchterlichen Siechtum wird. Der Alderadianer Report nimmt den Trupp bereitwillig in einem Wipfelschiff mit auf den Weg nach Norden, wohin man die Dracs vermutet. Als das Schiff abstürzt, sieht man sich erneut in der Wildnis auf sich gestellt – und vor der Frage, ob der Planet nicht ein noch viel größeres Geheimnis birgt…

Mit diesem Band kredenzt uns der französische SF-Autor Laurent Genefort gemeinsam mit Françoise Ruscak eine Adaption seines Romans „Le sang des immortels“ von 1997. Genefort packt darin einige zentrale Elemente der utopischen Literatur an und berührt dabei auch philosophische Fragen: gibt es irgendwo tatsächlich den Schlüssel zum ewigen Leben? Und, wenn ja, ist es denn überhaupt erstrebenswert? Das haben zahlreiche Werke, angefangen von James Hiltons Klassiker „Lost Horizon“, versucht zu ergründen, und auch Genefort zeigt die ganze Ambivalenz des Themas. Während die Ärztin Teafor verzweifelt versucht, ein Heilungsmittel für ihre sterbenskranke Tochter zu finden, stellt Affer lapidar fest, dass er gar nicht auf immer existieren wollte, da dies das Leben doch allzu sehr entwerten würde.

Der Geistliche Jok erzittert – stellvertretend für alle seine Berufsgenossen – vor der bangen Aussicht, dass ein Leben ohne Tod unweigerlich zum Bedeutungsverlust aller Transzendenz und damit Religion führen müsste. Fast schon salomonisch klingt da der Schlussgedanke, dass „die wahre Ewigkeit in den Augenblicken liegt, die wir erleben.“ Das ist fast schon passend fürs Poesiealbum, aber durch krachige Monster-Action und einigen Alien-Anleihen (natürlich geht es dem bösen Pharmakonzern nur um die Exklusivrechte, weshalb man einen Saboteur, der alle Mitwisser beseitigen soll, gleich mit entsendet) sowie einem kleinen Twist am Ende gelingt die Melange durchaus.

Auch optisch setzt Francesco Trifogli die intergalaktisch-philosophische Reise treffend um, in ausladenden, großformatigen Panels, die vor allem die Wildheit des Planeten beeindruckend einfangen. Und die Ureinwohner sehen irgendwie aus wie die Ingenieure aus Ridley Scotts Prometheus. Was überhaupt kein Schwachpunkt ist. Der vorliegende Band präsentiert die vollständige Story, im Original bei Les Humanoïdes Associés erschienen, in gewohnt hochwertiger Splitter-Qualität. (hb)

Das Blut der Unsterblichen
Text: Laurent Genefort, Françoise Ruscak
Bilder: Francesco Trifogli
120 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
24 Euro

ISBN: 978-3-95839-536-7

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