Der zweite Mann, Band 2 (Splitter)

Dezember 18, 2020

Datum: 21. Juli 1969. Zeit: 3:56 MEZ. Der Adler ist gelandet – und als erster Mensch betritt Neil Armstrong den Mond, mit seinen berühmten Worten vom kleinen Schritt und großen Sprung. Dicht auf dem Fuße folgt ihm der zweite Mann Buzz Aldrin, mit dem Armstrong unter den Augen eines Millionen-Publikums, die die schwarz-weiß-grieslige Übertragung im Fernsehen live mitverfolgen, Gesteinsproben sammelt, ein Sonnensegel und einen Laserreflektor aufstellt, die amerikanische Flagge entrollt, Film- und Fotoaufnahmen macht und schließlich nach 21 Stunden wieder zurück in Richtung des kreisenden Columbia-Kommandomoduls startet, wo Michael Collins geduldig auf die Wiederkehr der Mondwanderer wartet. Die Rückreise verläuft (nach einigen Anlaufschwierigkeiten wegen abgebrochener Schalter der Steuerung) problemlos, so dass die Besatzung am 24. Juli 1969 planmäßig in den Wassern des Pazifik landet und dort aufgesammelt wird. Man feiert die Heimkehrer weltweit als Helden, aber nicht jedem bekommt der Ruhm gleich gut…

In Teil 2 seines Herzensprojektes beschreibt Peter Eickmeyer, der die Mondlandung seinerzeit am Fernsehen als kleiner Pimpf verfolgen durfte, historisch akribisch recherchiert den Verlauf der ersten Schritte auf dem Mond bis hin zur erfolgreichen Rückkehr, wobei wie schon in Band 1 der Fokus ganz bewusst auf dem weniger berühmten Sekundanten Aldrin liegt. Dabei kommen die gefahrvollen Momente durchaus zum Tragen: den Auftakt bieten einige Seiten mit der Vision einer gescheiterten Landung, die sich eng an dem für diesen Fall bereits vorbereiteten Rede-Text des US-Präsidenten hielt, den man heute noch museal bestaunen kann. Gruselig, aber irgendwie folgerichtig, die Erfolgschancen standen ja nicht unbedingt nur gut. Auch die hartnäckig vorgetragene These, Armstrong habe sich ziemlich kraftvoll selbst in die historische Position des ersten Menschen gedrängelt, klingt an: Eickmeyer beschreibt zutreffend, dass es nur ein einziges Foto von Armstrong auf der Mondoberfläche gibt, nachdem er selbst die Fotografendienste versah und Aldrin die Kamera nur kurz übernahm, was Eickmeyer als kleinen Racheakt wertet.

Ikonische Szenen, wie etwa das (oft fälschlicherweise als Armstrong beschriebenes) Bild von Aldrin, in dessen Helm sich der Adler spiegelt, kommen ebenso zu Ehren wie kleine, aber entscheidende Details: als der Schalter zur Betätigung der Startraketen abbricht, nutzt man kurzerhand die Kappe eines Filzstifts als Ersatz. Man muss sich eben zu helfen wissen. Nicht verschwiegen bleiben ebenfalls die erheblichen Probleme, die Aldrin – der den Mond als die titelgebende „Herrliche Einöde“ beschrieb – nach seiner Rückkehr plagten. Offenherzig gab er in seinen zahlreichen autobiografischen Büchern zu Protokoll, dass nicht das Weltall oder der Mond, sondern die Leere nach dem übergroßen Ziel ihm zu schaffen machten: Alkoholismus, Tablettenmissbrauch und soziale Haltlosigkeit kennzeichneten sein Leben in den 70ern, was wir hier in einem kurzen Ausblick ebenfalls erleben. Eickmeyer setzt Aldrin damit ein künstlerisch ambitioniertes, liebevoll eingerichtetes und vor allem aufwändig inszeniertes Denkmal, das nicht nur für Vertreter des Jahrgangs 1969 faszinierende Lektüre bietet. Wobei dieser Jahrgang natürlich zweifelsohne der beste war und ist. (hb)

Der zweite Mann, Band 2: Eine herrliche Einöde
Text & Bilder: Peter Eickmeyer
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
15 Euro

ISBN: 978-3-96219-371-3

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