Pandämonium (Ehapa)

Juni 4, 2012

Christophe Bec mal anders. Zum einen, weil Pandämonium hierzulande nicht bei seinem Haus- und Hofverlag Splitter erscheint, zum anderen weil das Setting eher untypisch und ungewohnt realistisch für ihn ist: Ein Sanatorium für Tuberkulose-Kranke in Kentucky, USA, in den fünfziger Jahren (das es wirklich gab). Keine uralte, versunkene, riesige Tempel, keine Dämonen, keine hochtechnologische Science Fiction, keine okkulte Erscheinungen. Nun ja, fast. Und trotzdem ist alles hier sehr Bec-like. Aber der Reihe nach.

Sommer 1951. Die attraktive Doris Greathouse bringt ihre kleine Tochter Cora  ins renommierte Waverly Hills Sanatorium. Cora ist an Tuberkulose erkrankt und Waverly Hills gilt als beste Adresse zur Behandlung dieser Krankheit, die v.a. in Kentucky immer wieder massiv aufflammt und oft tödlich verläuft. Um Coras Aufenthalt zahlen zu können, lässt sich Doris dort als Krankenschwester einstellen. Schließlich war sie als Kind selbst Patientin und wurde geheilt.

Schon bei der Ankunft sieht Cora eine Schwester im Fenster, die, wie sich herausstellt, vor etlichen Jahren im Sanatorium Selbstmord beging. Bald muss Doris erkennen, dass Cora offenbar hellseherische Fähigkeiten hat. Und noch schlimmer: Cora kann jene sehen, die in der Anstalt gestorben sind. Die wie Zombies umherstapfen. Denn gestorben wird hier immer. Und nicht zu knapp. Es gibt sogar einen Todestunnel, durch den die Verstorbenen quasi heimlich abtransportiert und in einem Krematorium entsorgt werden. Aber das ist nur eine schreckliche Seite der Medaille. Denn auch ein Äquivalent der Bec-typischen Dämonen gibt  es in Gestalt der Ärzte, die ungeachtet moderner Behandlungsmethoden und ohne Respekt vor dem Leben ihren sadistischen Neigungen freien Lauf lassen und munter den Metzger geben. Grausamkeit, Korruption, (Halb-) Götter in weiß. Überleben scheint Glücksache. Und nun droht auch Cora ein furchtbares Schicksal…

Mitunter wird dem Leser schon harter Tobak serviert, sowohl optisch als auch inhaltlich. Mit einem großartigen Gruselaspekt. Das riesige Old Dark House, die Zombie-Geister, das ’sehende‘ Kind. Aber noch grausamer und härter ist die Wirklichkeit, die Gegenwart, die nach und nach offenbart wird, inklusive Splattermomente. Verstärkt wird dieser Schrecken noch durch die realistischen Zeichnungen von Stefano Raffaele, die denen von Bec ganz ähnlich sind und der auch am vierten Band von Prometheus (nein, hat nix mit Sir Ridley zu tun) mitgearbeitet hat. Sehr beeindruckend und einer der besten All-In-One Bände (alle drei Originalalben in einem Band) von Ehapa. (bw)

Text: Christophe Bec
Bilder: Stefano Raffaele
160 Seiten in Farbe, Hardcover
Ehapa Comic Collection
39,99 Euro

ISBN: 978-3-7704-3544-9

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