Usagi Yojimbo, Band 9 (Dantes Verlag)

Mai 8, 2018

Nach einer eher leisen Begegnung mit einem Bettelmönch und einer etwas lauteren mit einem Wettbetrüger scheint Usagi das Glück zu verlassen: Ein Dorf hat Söldner zum Schutz vor Banditen angeheuert. Doch diese entpuppen sich nicht als die sieben ehrbaren Samurai, sondern als die Schurken selbst. Angeführt von dem selbsternannten „General“ Fujii halten sie die Dorfbewohner als Sklaven und schröpfen diese, wo es nur geht. Usagi bekommt Wind von der Sache, mischt sich unter die üblen Gesellen, fliegt aber auf und wird zum Gefangenen. Er kommt dann zwar frei und das Dorf wird gerettet, aber: Dem niederträchtigen Fujii gelingt die Flucht und noch schlimmer: Er hat Usagis Schwerter an sich genommen, ein Sakrileg, das Leibwächter Hase so nicht hinnehmen kann. Usagi macht sich auf die Suche nach dem Oberschurken und findet ihn schließlich nach etlichen Tagen. Fujii hat inzwischen eine neue Bande „akquiriert“ und setzt seine Übeltaten fort. Unerwartete Hilfe erhält Usagi von seinem alten Kumpel Gennosuke und dem konkurrierenden Kopfgeldjäger Streunender Hund. Dann kommt es zum erneuten und diesmal finalen Showdown…

Die zentrale Geschichte dieses Bandes ist eingerahmt von ruhigeren Episoden, in die viel japanische Tradition und zeitgenössisches Brauchtum einfließt. Zuerst trifft Usagi auf den Bettelmönch, der meisterlich die Bambusquerflöte beherrscht. Usagi verspricht, die Flöte als Ausdruck des Respekts in einem Tempel abzugeben (ein Handlungsfaden, der übrigens im Fortlauf der Story „vergessen“ wird). Nach dem letzten Kampf gegen General Fujii trifft er unverhofft eine Jugendliebe wieder, damals, als Usagi noch nicht als Ronin das Land durchstreifte. Diese Geschichte wird rückblickend präsentiert, strotzt zwar vor Kampfszenen, aber ebenso vor einer Sanftheit, die eine unglückliche Liebesgeschichte erzählt, welche aufgrund von unüberbrückbaren Standesunterschieden keine Zukunft hat (er Leibwächter, sie angehende Prinzessin) und damit scheitern muss. Das Motiv für diese Story entnahm Sakai übrigens dem Hollywood-Klassiker „Roman Holiday“ (dt. „Ein Herz und eine Krone“) mit Gegory Peck und Audrey Hepburn, wie er im informativen Nachwort verrät, das auch einen interessanten Einblick in die umfangreiche Recherche-Arbeit gibt.

Apropos Hollywood: Die Geschichte um den Schurken Fujii und die Schwerter Usagis wartet mit klassischen Western-Motiven auf, was durchaus passend ist und einen filmhistorischen Hintergrund hat, der wieder zu den „Sieben Samurai“ von Akira Kurosawa führt, woher das Ausgangsmotiv stammt. Neben diesem Klassiker, der als „Die glorreichen Sieben“ jüngst ein Remake des Remakes erfuhr, übertrug man auch andere Filme des Regisseurs mehr oder weniger dreist, weil zum Teil ohne Verweis auf das Original, in das Western-Genre, wie „Yojimbo“ (als Leones „Für eine Handvoll Dollar“) oder danach auch „Rashomon“ („The Outrage“, auf Deutsch typisch reißerisch betitelt als „Carrasco, der Schänder“). Die Bedeutung der Schwerter wird von Stan Sakai mit einem Exkurs in die historisch japanische Schwertmanufaktur und die regelrecht sakrale Herstellung dieser Samurai-Waffen unterstrichen (der Titel des Bandes, „Daisho“, bezeichnet übrigens ein zusammengehöriges Schwerterpaar). Und ganz am Ende der Story, quasi als Bonbon für den Leser, lässt Sakai den vermeintlich verräterischen Kopfgeldjäger Streunender Hund in einem völlig anderen Licht erscheinen.

Überhaupt bleibt Sakai erzählerisch einmal mehr auf einem konstant hohen Niveau. Er konstruiert seine Geschichten raffiniert und sorgt für Überraschungen, ob abgeschlossen oder in Fortsetzungen, wobei es stets eine veritable Keilerei gibt, sei es als Duell oder im epischen Ausmaß (auch optisch dann in ausladenden Panels dargestellt – als Wimmelbild oder Panorama). Immer wieder treten alte Bekannte, Konkurrenten, oder Feinde von Usagi auf (hier Gen und ganz am Schluss sogar Jei – inkl. Bezug auf eine Aesop-Fabel). Und mit dem Erzschurken Fukii präsentiert Sakai zudem einen würdigen, kantigen Gegner. Nein, langweilig wird es bei Sakai wahrlich nie. Band 2 und 10 – man folgt inzwischen der originalen Veröffentlichungs-Reihenfolge der Dark Horse Paperbacks – sind inzwischen bereits erschienen. Band 3 folgt jetzt Ende Mai. (bw)

Usagi Yojimbo, Band 9: Daisho
Text & Bilder: Stan Sakai
212 Seiten in schwarz-weiß, Softcover
Dantes Verlag
17,95 Euro

ISBN: 978-3-946952-10-7

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