Das Geschlecht derer von Porphyre, Band 3 + 4 (Salleck)

April 14, 2011

Anfang 18. Jahrhundert, irgendwo in der Bretagne. Hyacinthe Porphyre, durch Raub und Mord reich geworden, wird mit seinen Söhnen auf frischer Tat ertappt, als er einen Segler stranden lässt und dessen komplette Besatzung bestialisch ermordet. Sein jüngster Sohn Konan, noch ein Junge, wird verschleppt, er selbst gehängt und baumelt seitdem zur Abschreckung in einem maßgeschneidertem Käfig vor seinem verfallenen Schloss. Darunter hausen seit vielen Jahren unbemerkt in einer Küstenhöhle Hyacinthes Frau und Sohn Gwémon, mit dem sie bei Hyacinthes Tod gerade schwanger war.

Als die hübsche Soizik am Strand einer angeschwemmten Toten eine Halskette abnimmt und zufällig die beiden in der Höhle entdeckt, nimmt ein Familiendrama seinen Lauf, dessen Zusammenhänge sich erst nach und nach dem Leser erschließen.

NICHT WEITERLESEN, WENN MAN DIE GESCHICHTE AB BAND 1 LESEN WILL.

In Band 3 (Gwémon) wird die wahre Herkunft von Gwémon und Soizik enthüllt, wir erfahren den Grund von Hermine de Rothéneufs Hass auf die Porphyre und kommen dem Geheimnis um Hyacinthes Schatz ein Stück näher. Im aktuellen Band 4 (Hermine) überlebt Korentin sein Todesurteil – er hatte wegen besagter Kette die Haushälterin des Pfarrers ermordet. Derweil scheint Lacallonge, ein alter Knastgenosse des mittlerweile erwachsenen Konans, das Rennen um den Schatz zu gewinnen. Allianzen werden in der Not geschmiedet und gleich wieder gebrochen. Am Ende scheint alles klar. Soizik ist mit dem Schatz auf der Flucht, um ein neues Leben zu beginnen, bis sie von Gwémon und Konan gestellt wird. Und plötzlich ist wieder alles anders…

Historien-Comics, die in der Bretagne spielen, gibt es schon einige, zuletzt Splitters ‚Kapuzinerschule‘ oder ‚Die Herberge am Ende der Welt‘. Eine rauhe Landschaft, die viele Mythen beherbergt, welche dankbarer Stoff für Comics sind. So verstecken sich auch hinter diesem sperrigen Titel Strandräuber, Tangsammler, Geheimnisse und heidnische Bräuche verbunden mit tief verwurzelten Ängsten. Das klingt doch schon mal gut.

Parnottes Zeichnungen sind elegant, mit einem sehr runden, angenehm anzusehenden Strich. Das Meer und die schäumenden Wellen wirken sehr plastisch und lebendig. Die Farbgebung ist in ungewohnt kräftigen Erdtönen gehalten – wenn auch ab Band 3 ab und an etwas verwaschen –  was den eigenständigen Zeichenstil noch betont.

Balac (d.i. Yann Lepennetier) hat sich bereits als Autor von ‚Sambre‘ mit Yslaire fetten Respekt verdient, auch ein episches Familiendrama. Als Yann schrieb er u.a. ‚Helden ohne Skrupel‘ (dt. bei Carlsen und Finix), Marsupilami (dt. bei Ehapa) und ‚Pin-up‘ (ebenfalls bei Salleck).

Sein erzählerisches Talent hält den Leser immer sehr gut bei der Stange: So hat fast jede Person eine Leiche im Keller, Herkünfte und Zusammenhänge werden scheibchenweise enthüllt. Es wird viel Kurzweil geboten, jeder Handlungsstrang ist plötzlich für eine Überraschung gut, die das Gesamtbild in einem neuen Licht erscheinen lässt. So kommt beispielsweise kaum, dass Gwémon erfährt, dass er kein Porphyre ist, die Frage nach seiner wahren Abstammung auf.

Und das Beste: Band 4 markiert nur das Ende des ersten Zyklus’, es geht also weiter. Dementsprechend bleiben dann auch viele Fragen ungeklärt (was hat es mit der Kette auf sich, was wurde aus dem Schatz, wer ist Konan wirklich etc.) und der arme Leser wird auf glühenden Kohlen zurückgelassen. So muss es sein! (wg)

Text: Balac
Bilder: Joel Parnotte
48 Seiten in Farbe, Softcover (Großformat)
Salleck Publications
jeweils 12,90 Euro

ISBN 978-3-89908-339-2 (Band 3)
ISBN 978-3-89908-376-7 (Band 4)

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