England, 1315: König Eduard II. behandelt seine Gattin Isabella weiterhin nicht gerade liebevoll. Ganz im Gegenteil macht er ihr unmissverständlich klar, dass sie für ihn nur Mittel zum Zweck ist und seine Herrschaftslinie zu sichern hat, indem sie ihm Nachkommen schenkt. Das gelingt auch gleich zweimal in Form der Söhne Eduard und Johann, was Papa Eduard nicht davon abhält, sich viel lieber mit jungen Herren wie dem Sohn des Despensers Hugh zu vergnügen. Den ihm unliebsamen Mortimer entsendet er einstweilen auf eine aussichtslose Mission nach Irland, um dort die Aufständischen zu bändigen. Die offenkundige Sittenlosigkeit, aber auch die unverhohlene Vetternwirtschaft Eduards zu Gunsten der Despenser bringt immer mehr Barone gegen ihn auf, was schließlich in einer offenen Rebellion unter Führung von Lancaster, Hereford und Witmore mündet. Das Blatt wendet sich tatsächlich zu Gunsten der Aufständischen, aber Eduard lockt sie unter dem Vorwand der Versöhnung zu einem Festmahl, wo er sie vergiftet und in den Tower werfen lässt.
Mortimer entkommt zunächst, gerät dann aber bei der Schlacht von Shrewsbury ebenfalls in die Gewalt des Despoten. Alles scheint verloren, aber ein mysteriöser Gönner verhilft ihm zur Flucht und schafft ihn nach Frankreich, wo König Karl IV. regiert. Nachdem Eduard ihr auch noch alle Lehen abknöpft, sie so vollkommen von ihm abhängig macht und weiterhin unentwegt demütigt, reist Isabella schließlich nach Paris, um dort um Frieden zu ersuchen. Sie staunt nicht schlecht, dort ihren geliebten Mortimer zu treffen. Zunächst lehnt sie die schnell entstehenden Pläne eines Staatsstreiches unter ihrer Führung noch ab, aber als die Despenser ihr sogar am Pariser Hof nach dem Leben trachten, ändert sie ihre Meinung, willigt in eine taktische Heirat ihres Sohnes mit einer flämischen Adelsfamilie ein und sichert sich so die Unterstützung von dessen Söldnern. 1326 treffen somit in England die Heere Isabellas mit den Truppen ihres verhassten Ehemanns Eduards zusammen…
Anders als im inhaltlich nicht gerade einfach zu durchschauenden Teil 1 liefern Thierry und Marie Gloris im zweiten und letzten Teil ihrer Saga um die Wölfin von Frankreich ein packendes Königsdrama in Shakespeare‘scher (oder hier besser Marlowe‘scher) Manier, in der sich die gepeinigte und erniedrigte Isabella zur gnadenlosen Rachefurie entwickelt. Ihren sadistischen und machthungrigen Mann Eduard führt sie absichtlich seinem geschichtlich verbürgten, äußerst unangenehmen Schicksal zu und legt ihre Skrupel vor einer politisch motivierten Verheiratung ihres Sohnes relativ schnell ab. Lancaster und Mortimer üben sich zunächst in weltanschaulich motivierter Herrschertreue (der König bekommt seine Macht von Gott, Rebellion ist Blasphemie – so lautet die sehr bequeme Legitimation des absolutistischen Systems), werden dann aber zu Abtrünnigen aus emotionalen (Mortimer) und ethischen Gründen (Lancaster oder auch Orleton, der feststellt, er habe einem König, nicht einem Tyrannen Treue geschworen). Die Zeichnungen von Caldéron wirken einmal mehr wuchtig, voller Details und in den Schlachtenszenen von barocker Opulenz und fügen sich so kongenial zur elisabethanischen Gewalt, mit der dieses Sitten- und Historiengemälde daherkommt. Großartig, episch, gewalttätig, lehrreich, faszinierend. Wie ein gutes Königsdrama eben sein muss. (hb)
Königliches Blut, Band 2: Isabella, die Wölfin von Frankreich
Text: Thierry Gloris, Marie Gloris
Bilder: Jaime Calderón
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro
ISBN: 978-3-95839-236-6