Nibiru (Splitter)

März 8, 2016

Nibiru (Splitter)

Irgendwann in der Zukunft, kurz nach dem 21. Jahrhundert: die Menschheit ist geplagt von der Blutkrankheit, einer fatalen Anämie, die dafür sorgt, dass die Überlebenden der Blutkriege abhängig sind von dauernden Infusionen. Wer kann, versorgt sich regelmäßig mit frischem Lebenselixier, wobei man auch vor Schwarzhandel und Sklavenhaltung nicht zurückschreckt. In der Reichshauptstadt Cerros kommt es während der Austragung des Pok-ta-Pok-Finales – so einer Art blutigem American Football – zu einem Attentat: ein Terrorist der militanten Xibalda-Bewegung sprengt sich und das halbe Stadion in die Luft. Dem fällt auch die königliche Familie zum Opfer, worauf der zwielichtige Gouverneur Vucub Came die Staatsgeschäfte übernimmt. Denn der eigentliche Thronfolger Karmin hat zwei Probleme: erstens ist er zu jung, und zweitens hat er sich am Abend des Attentats gemeinsam mit seiner Freundin Alicia im Südviertel auf dem Blutschwarzmarkt herumgetrieben. Came fackelt nicht lange und zieht gegen die Drahtzieher des Attentates in den Krieg: er macht den Stadtstaat Coban dem Erdboden gleich, wo die Keimzelle des Xibalda-Kults beheimatet ist. Dieser Kult frönt einer seltsamen Weissagung: die Erde sei bedroht von einem gewaltigen Asteroiden namens Nibiru, dessen zerstörerischer Weg nur durch massive Blutopfer aufgehalten werden könne.

Schnell stellt sich heraus, dass Came nicht nur diesen Kult, sondern auch die Thronfolger ausradieren will, die indessen unter der tatkräftigen Unterstützung des Hauptmanns Oro untertauchen. Auf der Flucht werden sie allerdings getrennt, und Alicia muss mit ansehen, wie Oro von Marodeuren grausam abgeschlachtet wird. Allerdings scheint das von kurzer Dauer, denn Oro kehrt als biomechanischer Mann zurück, mit einer Körperhälfte als Biowaffe, die er offenbar auch nutzen kann, um kollektive Erinnerungen zu speichern. Die plagen plötzlich auch Alicia, die immer häufiger gedanklich in eine Welt vor den Blutkriegen versetzt wird, in der sie als Astronomin mit ihrem Vater arbeitet und das Heranrasen eines gewaltigen Asteroiden berechnet. Dieser Asteroid namens Nibiru, so ein durchgeknallter Wissenschaftler, der auch Oro heißt, passiere die Erde alle paar tausend Jahre und finde sich in Untergangsszenarien der Maya und anderer Völker wieder, die sich offenkundig schon intensiv damit beschäftigt hatten, wie man die Verheerung jeweils überleben kann. In der Vergangenheit macht man sich daher auf eine abenteuerliche Expedition, um dieses Rätsel zu lösen, während die Pendants in der Zukunft, ausgestattet mit beachtlichen Biowaffen, den Kampf gegen Came aufnehmen…

Autor Izu (d.i. Guillaume Dorison) liefert hier ein zeit- und dimensions-überspannendes Epos, das wie ein einfacher postapokalyptischer Reißer beginnt (die Zivilisation setzt teilweise auf Hochtechnologie auf, ist aber gleichzeitig zerfallen und mittelalterlich organisiert), sich in eine komplexe Story voller Intrigen steigert (welches Ziel verfolgt spielt Came in Wahrheit? Was ist der tiefere Hintergrund des Xibalda-Kultes?) und schließlich in einem Vexierspiel auf zwei Zeitebenen kulminiert, in dem wir in parallel gehaltenen Erzählsträngen die Entschlüsselung des Geheimnisses um Nibiru anhand offenbar identischen handelnden Personen erleben. Das durchaus verblüffende Ende des Geschehens bringt dann die stets im Hintergrund stehenden Vorbilder wie den schönen Science Fiction Streifen ‚Der jüngste Tag‘ (When Worlds Collide – die Erde bereitet sich auf den Einschlag eines gewaltigen Planetoiden vor, und man will auf einer modernen Arche verschiedene Auserwählte retten) mit interdimensionalen Reisen vom Schlage des Planeten der Affen zusammen – womit wir es aber nur einmal gut sein lassen wollen, um nicht die ganze Sache zu verraten. Mathieu Moreau bringt die Angelegenheit ins rechte spektakuläre Licht, arbeitet oft mit filmischen Effekten wie Totalen und Detaileinstellungen und schreckt auch vor expliziten graphischen Darstellungen nicht zurück. Somit ein intellektuell durchaus forderndes, komplexes Stück Science Fiction, bei dem wir dank Double-Ausgabe bei Splitter die gesamte Geschichte in einem Band verfolgen können. (hb)

Nibiru: Das Blutgesetz
Text: Izu
Bilder: Mathieu Moreau
96 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
19,80 Euro

ISBN: 978-3-95839-196-3

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