Kapitel 2 in der Saga um den wüsten Planeten Lemuria: das ungleiche Trio, das wir im Auftaktband kennenlernen durften – bestehend aus dem Abenteurer Russ, der ehemaligen Sklavin Lynn und dem Alien Carp – schlägt sich im Dschungel durch. Russ stellt dabei fest, dass sein Amulett, das ihm buchstäblich in die Wiege gelegt wurde, wohl durchaus mehr ist als ein reines Schmuckstück. Als man nämlich den verbotenen Wald betritt und von dessen Bewohnern als Strafe in einen „Mund“ genannten Tempel verschleppt wird, entdeckt man jede Menge fortschrittlicher Technologie, nebst einem Hochgeschwindigkeitszug, der sie schnurstracks zur Untersee-Stadt Marianapolis bringt, in der sich unter einer künstlichen Kuppel eine ganz eigene Gesellschaft entwickelt hat. Mit an Bord sind in römisch anmutende Gewänder gekleidete Soldaten, die unter der Führung von Kapitän Minnoa die kaiserliche Garde darstellen, die nach Jahren der Abgeschnittenheit wieder Außenkontakt zu Marianapolis herstellen sollen.
Minnoa erkennt im Amulett von Russ offenbar ein kaiserliches Zeichen und schwört bedingungslose Ergebenheit. Das scheint zunächst einmal gut so, denn in Marianapolis herrscht alles andere als eitel Sonnenschein. In der Bevölkerung rumort es, und auch wenn Herrscher Oberst Drahm scheinheilig beteuert, doch nur Recht und Ordnung zu verteidigen, wird schnell klar: die drei Neulinge haben es mit einer knallharten Diktatur zu tun, in der die Rebellen mit harter Hand niedergehalten werden. Russ, offenbar von wahrhaft kaiserlichem Geblüt, hat die Fähigkeit, per DNA lange versiegelte Türen zu öffnen und Maschinen zu betätigen, darunter auch einen Teleporter, mit dem sich Lynn und Carp schon aus dem Staub gemacht haben. Gemeinsam mit dem grünhäutigen Rebellenführer Jonnz (da kennen wir doch noch so einen grünhäutigen Herren gleichen Namens…?) macht sich auch Russ auf die Reise, während die Apokalypse über Marianapolis hereinbricht…
Für den zweiten Band ihrer Science-Fiction-Saga ist das Duo Sytse S. Algera und Apri Kusbiantoro nun bei der Don Lawrence Collection als Verlagshaus gelandet, und das scheint auch zunehmend zu passen wie die Faust aufs Alien-Auge: waren schon in Band 1, ‚Die Berge von Moran‘, die Anlehnungen an die klassischen Storm-Abenteuer in Look and Feel überdeutlich, kommen jetzt noch Trigan-Zitate in Form der römischen Legionäre innerhalb futuristischer Technik hinzu. Auch ansonsten hält man sich gestalterisch an die populären Lawrence-Abenteuer, mit leicht abstrahierten, oft gemäldehaft wirkenden Zeichnungen, in denen allerdings bisweilen leider die Liebe zum Detail ein wenig verloren geht. Überzeugen kann der Band dann in den großflächigen Panels, insbesondere in der beigefügten Kurzgeschichte, die die Herkunft des Aliens Carp näher beleuchtet und fast nur aus großformatigen Inszenierungen besteht.
Die Handlung mischt noch stärker als Band 1 alle Fantasy- und SF-Elemente in einen Topf, die je das Taschenbuch-Regal geziert haben, von John Carter über ‚Gor – Die Gegenerde‘ bis hin zu alten Hollywood-Heuler ‚Um 9 Uhr geht die Erde unter‘ und sogar dem guten alten Beamen ist alles vertreten, was uns in unserer Jugend Kurzweil bereitet hat. Fast ein wenig nach dem Motto je mehr, desto schön hastet der Plot von einem Cliffhanger zum nächsten, bis das Trio wieder vereint ist und sich auf die Suche nach denjenigen macht, die Lynn als Kind entführt haben. Insofern liefert Band 2 weniger eine organische Weiterentwicklung als eine im wahrsten Sinne des Wortes episodenhafte Action-Story, die allerdings durch atemlose Geschwindigkeit und krachige Einlagen zu unterhalten versteht. Band 3 ist in Vorbereitung. (hb)
Die vergessenen Legenden von Lemuria, Band 2: Das Amulett
Text: Sytse S. Algera
Bilder: Apri Kusbiantoro
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro
ISBN: 978-3-86869-729-2