Bushido, das ist nicht nur ein durchaus fragwürdiger Sprechmusikant, sondern eigentlich etwas ganz anderes, nach dem er sich benannt hat: der ehrwürdige Weg des Kriegers nämlich, den ein Samurai im alten Japan beschreiten musste, wenn er sich seines Standes als würdig erweisen wollte. Seinen ganz eigenen Pfad allerdings geht der Samurai Myamoto Musashi, um den sich in Japan diverse Legenden ranken: der historische Musashi ging diversen Jobs nach, war Soldat, Säbelmeister und auch Buchautor. Thomas Day liess sich von dieser schillernden Figur 2002 zu seinem Roman Der Pfad des Dao inspirieren, in dem er den historisch verbürgten Krieger mit phantastischen Elementen verband und so ein ausladendes Fantasy-Epos schuf. Dieser Vorlage adaptieren Federico Ferniani und Mathieu Mariolle (Shanghai, Smoke City – beides auch bei Splitter) nun in einer dreiteiligen Reihe, zu der „Die Asche der Kindheit“ einen furiosen Auftakt gibt. Die Kindheit in Rede ist die von Mikedi, einem kleinen Jungen, der erlebt, wie Musashi ins Lehen seines Herren Nakamura Ito eindringt und dort alle Samurai zum Kampf fordert, den er dank übermenschlicher Geschwindigkeit und gedankenhaften Reflexen sogar gegen mehrere Bogenschützen gewinnt.
Nachdem Ito natürlich allzu gerne das Geheimnis dieses Fremden kennen würde, schlägt dieser ihm einen Handel vor: er nimmt Mikedi in seine Obhut, lehrt im in den folgenden Jahren den Pfad des Dao und bringt ihn dann wieder zurück, um die Tochter des Kaisers ehelichen zu können. Da dem Vater außer Macht so ziemlich alles schnuppe ist, willigt er gerne ein, und so macht sich Mikedi auf die beschwerliche Reise mit seinem neuen Lehrer, der ihn gerne mal so quält wie der greise Meister den von ihm so genannten Grünschnabel David Carradine in Kung Fu. Er marschiert ohne Sandalen los, muss aus Bäumen ein Boot bauen und erlebt dabei die mehr als magische Kraft des Schwertes von Musashi. Der führt ihn in ein Fischerdorf, das Ito verwüsten ließ, um an die Sho-Tinte, eine sagenumwobene Farbe, die Unsterblichkeit verleihen kann und daher vom Kaiser als Zehnt gefordert wird, zu kommen. Diese Tinte läßt sich nur aus Muscheln gewinnen, die riesigen Seemonstern am Leibe kleben, und Mikedi nimmt an einer abenteuerlichen Jagd auf diese Viecher teil. Da fallen die Horden Itos wieder ein, um wieder einen Raubzug zu starten, aber dieses Mal haben sie die Rechnung ohne Musashi gemacht, der gehörig die Axt bzw. das Schwert kreisen lässt – ein Kampf, in dessen Verlauf sich Mikedi entscheiden muss, auf welcher Seite er steht…
Ferniani – aus dessen Feder auch Bravesland stammt (bisher ein Band, ebenfalls bei Splitter) – inszeniert die farbenprächtige Fantasy-Story in atemberaubenden, großflächigen Panels, die realistisch orientiert und teilweise unglaublich detailreich daherkommen. So entfaltet sich ein phantastisch überhöhtes Bild von einem Ehrenkodex, der Westeuropäern oft schwerlich nachvollziehbar scheint. Und das deutlich tiefschürfender und stimmiger als beim ähnlich gelagerten Hollywood-Schinken 47 Ronin. Band 2 (von 3) ist in Vorbereitung. (hb)
Der Pfad des Dao, Band 1: Die Asche der Kindheit
Text: Mathieu Mariolle, nach dem Roman von Thomas Day
Bilder: Federico Ferniani
64 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro
ISBN: 978-3-86869-719-3