Papathea ist ein typischer „Science-Fiction-Planet“: Stadt, wohin man schaut. Stets ist es finster, gigantische Türme ragen in den Himmel. Dazwischen schwirren über mehrere Ebenen Gleiter und Raumschiffe durch die Luft. Hoch droben tagt der Hohe Rat, Bruce Willis fliegt ein Taxi und Betonschwalben fliegen durch die Häuserschluchten. Na ja, fast. Eine pervertierte Religion ist auf Papathea (man beachte den passenden Namen) allgegenwärtig. Eine Religion, die auf Kommerz und Konsum aus ist. Auf Gewinn und Macht (durchaus aktuell, nicht wahr?). Diese Macht übt zur Zeit eine Päpstin namens Ludowika aus. Ein junges Luder, das mittels technischer Raffinessen Wunder wirkt und die Gläubigen gnaden- und gewissenlos hinters Licht führt. In dieser Welt leben – falsch – gibt es auch perfekte Puppen, Sky Dolls, deren Aufgabe es ist, v.a. dem männliches Geschlecht zu gefallen. Eine dieser Puppen ist Noa. Die scheint seltsamerweise recht eigenwillig zu sein, arbeitet leichtbekleidet in einer Astrowaschanlage namens Heaven und landet mehr zufällig im Schiff der beiden päpstlichen Gesandten Roy und Jahu, die auf einer Mission unterwegs sind. Bald stellt sich heraus, dass sich hinter Noa mehr als eine Puppe verbirgt. Denn sie muss eine mysteriöse Verbindung zu der verschwundenen Agape haben, die einst gemeinsam mit Ludowika Päpstin war und die noch immer von vielen illegalen Anhängern im Untergrund bzw. heimlich verehrt wird.
Der äußerst elegante funny-mäßige Zeichenstil – kein Wunder: die Autoren standen vorher in Diensten von Disney Italien – steht so ganz im Gegensatz zu der eher „erwachsenen“ Handlung, die Anleihen aus zahlreichen SF-Werken, sei es aus Film oder Comic, aufweist. Etwas, das so nur im Comic funktioniert. Im Film würden sich zwei so entgegengesetzte Elemente beißen. Nicht umsonst gibt es kaum erfolgreichen Zeichentrick bzw. Animation für ein rein erwachsenes Publikum. Die interessante Kombination von Science Fiction und Religion kennen wir dagegen aus beiden Medien: Comic (Yiu, auch bei Splitter, etliche Werke Jodorowskys) und Film (Das Fünfte Element). Dazu kommt eine gelungene Farbgebung in einer Neon-Optik, die gerade in den Szenen mit der Waschanlage an Blade Runner erinnert. Auch die Story unterhält vorzüglich. Man ist schnell mit der fremden Welt und den Personen vertraut. Das Geheimnis um die verschwundene Päpstin und die Verwicklung Noas in der Sache treibt die Geschichte voran. Dazu kommen noch komische Elemente und eine niedliche Heldin, die sich der Gefahren, in die sie sich begibt, nicht bewußt ist. Die Fortsetzung kann gerne kommen, Band 2 ist bereits in Vorbereitung.
Splitter geht bei der Sky Doll Reihe übrigens einen ungewöhnlichen Weg: denn der Verlag brachte zuerst die beiden Spin-Offs mit Kurzgeschichten verschiedener Zeichner, die im Sky Doll Universum spielen (Spaceship Collection, Lacrima Christi Collection) und so war klar, dass die Hauptserie über kurz oder lang folgen würde, zumal Barbucci und Canepa schon mit Titeln im Verlagsportfolio vertreten sind (Ekhö und End). Im Carlsen Verlag erschienen zwischen 2003 und 2006 bereits die ersten drei Bände im SC-Format, die beiden Zeichner und Autoren waren seinerzeit auch zu Gast beim Comicsalon in Erlangen. Übrigens: gerade veröffentlichte Splitter einen Überraschungsband für alle Fans der Reihe. Sky Doll Sudra, ein Skizzenalbum mit einer Auflage von nur 1000 Exemplaren. Das dürfte schon bald vergriffen sein. (bw)
Sky Doll, Band 1: Die gelbe Stadt
Text & Bilder: Barbara Canepa, Alessandro Barbucci
48 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro
ISBN: 978-3-86869-710-0