Der Wind in den Dünen (Toonfish)

Februar 12, 2014

Der Wind in den Dünen

Maulwurf. Kröterich. Ratte. Dachs. Ein Wiedersehen mit den Figuren aus Der Wind in den Weiden. Neue Abenteuer, mit den Charakteren aus Kenneth Grahames Kindebuch-Klassiker, diesmal aber erdacht von Zeichner und Adapteur Michel Plessix.

Es beginn auf vertrautem Terrain. Während der Herbst in voller Pracht steht, die Blätter der Bäume goldgelb werden und man sich beim Genießen der letzten warmen Sonnenstrahlen schon gedanklich auf den kommenden Winter vorbereitet, trifft Freund Ratte mitten in der Landschaft einen alten Seebären, der von seinen Abenteuern an fernen Gestaden berichtet. Rattes Reiselust ist geweckt – zumindest kurzzeitig. Doch der allzeit weise Dachs holt ihn auf den Boden der Tatsachen zurück und das gemütliche wie gemächliche Leben könnte für die Freunde weiter durch Jahr und Tag mäandern.

Dann kommt, was kommen muss: Baron von Kröten, der Katastrophenlurch, wie er gerne genannt wird, ist (einmal mehr) verschwunden. Den Freunden schwant Übles, denn Kröterichs Spur führt zum Hafen und dort geradewegs auf ein Schiff. In die Ferne. Ehe man sich’s versieht, sind Ratte und Maulwurf auf hoher See und schippern als Blinde Passagiere mit Kröterich dem Orient entgegen. Nach einer turbulenten wie hungrigen Überfahrt findet man sich – leider völlig mittellos – in einem orientalischen Städtchen wieder. Und findet schnell Freunde. Ali, Samir, den Kater Lizarbou und Leon, die uns durch die folgenden Abenteuer begleiten. Man lernt die fremden Sitten und Gebräuche kennen, genießt die formidable Gastfreundschaft und fragt sich dann aber doch, wie man das Geld aufbringen kann, um die Heimreise anzutreten. Da hört Kröterich eine Geschichte über einen Schatz und ist mal wieder Feuer und Flamme, sprich, er vergisst alles und jeden und macht sich blindlings auf die Suche. Verfolgt von den genervten wie besorgten Freunden um Ratte und Maulwurf. Der Schatz entpuppt sich als völlig anders als gedacht und bei ihrer Rückkehr aus der Wüste wartet mit Dachs ein alter Freund, und die Hoffnung auf eine baldige Heimkehr erscheint realistisch. Doch dann wird alles anders und unverhofft turbulent, denn auch alte, aber unerwünschte Bekannte tauchen auf und wollen den Freunden einen dicken Strich durch die Rechnung machen.

Der Erzählstil ist gemächlich. Anfangs. Plessix nimmt sich viel Zeit für Dinge, auch solche, die die Story nicht wirklich voranbringen (man ißt gerne und in aller Ruhe). Das war im Vorgänger auch schon so, aber der Erzählfluß in der Wind in den Weiden war einfach stimmiger, hier erscheint er mitunter etwas holprig und episodenhaft. Erst als die Suche nach dem vermeintlichen Schatz beginnt, kommt lineare Bewegung in die Handlung. Und viel Humor: Die Gespräche der Kamele (oder Dromedare?). v.a. des chronisch erkälteten Hans-Philipp sind äußerst amüsant. Und mit den beiden fanatischen Predigern bringt Plessix auch einen aktuellen Zeit- und Religions-Bezug, auch wenn sich am Ende die Problematik in Wohlgefallen auflöst. Apropos Ende. Da klaut Plessix ganz ironisch bei sich selbst, sprich beim Vorgänger: Das Finale Furioso steckt wieder voller Action und Slapstick und ist temporeich geschildert. Inklusive eines kleinen aber feinen Gags über eine berühmte britische Komikertruppe.

Volle Zeichenpracht (Panelausschnitt)

Volle Zeichenpracht (Panelausschnitt)

Und die Zeichnungen? Die sind wieder einmal nicht von dieser Welt. Anfangs kommt wieder die bekannte Natur, sanft in Herbstfarben getaucht, zur Geltung. Aber dann, quasi als Kontrast, quellen Seiten und Panels über mit detailversessenen Darstellungen von geschäftigem Treiben, Basaren, orientalischen Gebäuden, Bäumen, Pflanzen inklusive deren Schatten, Speisen und Figuren, sei es Mensch oder Tier. Man sieht sich lange nicht satt und jedes einzelne Panel verdient wieder genaues Studium. Aber auch die Weite der Wüste wird passend eingefangen, einleitend mit einer Doppelseite. Und Maulwurf erlebt die ein oder andere mystische Episode. Über neun Jahre hat Plessix an der Geschichte gearbeitet! Der Schluss verheißt vielleicht, dass noch eine Fortsetzung folgt. Nichts dagegen. (bw)

Der Wind in den Dünen
Text & Bilder: Michel Plessix
160 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
34,80 Euro

ISBN: 978-3-86869-697-4

Tags: , , , , , ,

Comments are closed.