Der Wind in den Weiden (Toonfish)

Januar 12, 2014

Der Wind in den Weiden

Frühling. Endlich kann der Maulwurf wieder nach draußen. Dort trifft er Ratte und beide werden Kumpels. Bald erweitet sich der Bekanntenkreis. Sie treffen Baron Kröterich auf dessen feudalem Gut Kröten und gemeinsam begibt man sich auf eine beschauliche kleine Reise im Planwagen. Dabei wird in Kröterich die Leidenschaft für Automobile entfacht. Später statten Maulwurf und Ratte im Wilden Wald dem Dachs einen nicht ganz freiwilligen Besuch ab, zu dem dann auch Otter stößt. Dann konzentriert sich die Handlung auf Kröterich. Der bekommt ernste Schwierigkeiten. Er klaut einen der wunderbaren Oldtimer, die den Band bevölkern, widersetzt sich anschließend seiner Festnahme und wird zum Entsetzen aller zu 20 Jahren Kerker verurteilt.

Doch wir haben ja hier ein Kinderbuch. Und da wird alles gut. Kröterich gelingt die Flucht, nachdem die Gunst der Tochter des Kerkermeisters gewonnen hat. Als Waschfrau verkleidet, ohne Geld, schlägt er sich bis nach Hause an den Fluss durch, wo er von seinen Freunden halb ertrunken aufgegabelt wird. Die haben keine gute Nachricht. Gut Kröten wurde von den schurkischen Wieseln, Hermelinen und Mardern besetzt, die aus dem Wilden Wald kamen. Kröterichs Heim scheint verloren, doch die Freunde rüsten sich zu einem entschlossenen, finalen Kampf gegen die Gaunerbande.

Was fürs Auge: Plessix besticht in seiner Adaption des Kinderbuchklassikers von Kenneth Grahame durch einen unglaublich feinen Strich und jedes Panel, sei es noch so klein, lädt aufgrund der überbordenden Details zum genauen Hinschauen ein. Dabei beherrscht Plessix viele Genres. Er schildert einen beschaulichen Tag am Fluss genauso intensiv und liebevoll wie eine romantisch mystische Begegnung im Morgengrauen, oder eine wilde Rauferei, die von wortlosen Slapstick-Einlagen nur so strotzt. Für den Spaß und den Humor sorgen die wunderbar sorgfältig gestalteten Charaktere: Der Maulwurf ist zerstreut und tapsig, mit seiner riesigen Brille. Aber ein treuer Freund. Die Wasserratte ist bedächtig und Heimat verbunden. Otter ein Draufgänger, dem seine Familie aber über alles geht. Der Dachs eine Respektperson, auf die man gerne hört. Und dann ist da natürlich noch Baron Kröterich, der mal impulsiv, mal traurig, mal draufgängerisch, mal überheblich stets für Chaos und Aufregung sorgt. Vor allem mit seinem scheinbar unkontrollierbaren Automobil-Tick. Um Kröterich dreht sich dann auch das Gros der Story. Denn Freunde lässt man nicht allein, seien sie noch so anstrengend. Heimlicher Star dieser Gesamtausgabe ist die Natur, die in wunderschöne Farben getaucht wird. Sei es im Frühling, im Winter. Sei es abends oder morgens. Im Wald oder am Fluss. Stets beeindruckend.

Für die 126 Comicseiten brauchte Plessix dann auch über sechs Jahre. Die deutsche Erstausgabe, die in vier Bänden bei Carlsen erschien, wurde im Jahre 2000 völlig zu recht mit dem Max-und-Moritz-Preis als beste deutschsprachige Comic-Publikationen für Kinder und Jugendliche ausgezeichnet. Doch Plessix ruhte sich nicht auf seinen Lorbeeren aus. Mit Der Wind in den Dünen schuf er einen Nachfolger mit eigener Story und Grahames bekannten Charakteren. Der Band ist ebenfalls bei Toonfish erschienen und wird in Kürze hier vorgestellt. (bw)

Der Wind in den Weiden
Text & Bilder: Michel Plessix, nach Kenneth Grahame
128 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
29,80 Euro

ISBN: 978-3-86869-696-7

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