The Department of Truth, Band 4 (Splitter)

Oktober 13, 2023
The Department of Truth, Band 4: Das Ministerium der Lügen (Splitter Verlag)

Wind of change: 1991 trifft Lee Harvey Oswald seinen Amtskollegen Grigori Petrow in Moskau. Der beklagt, dass die von beiden Seiten sorgsam aufgebaute Weltordnung durch den Zusammenbruch des Ostblocks empfindlich gestört ist: das Department of Truth in den USA und der Kontrahent, das Ministerium der Lügen in der UdSSR, verbreiteten eine künstliche Geschichte von Größe und Ordnung, wobei die USA nun selbst zur reinen Fiktion verkommt. Das sieht wohl auch Martin Barker so, Chef der Terroreinheit Black Hat, der Petrow Jahre später aufsucht und meuchelt. Das kann Lee Harvey nicht so stehen lassen und sucht seinen „Mitarbeiter“ Cole Turner auf, der sich doch gerade ein lauschiges Abendessen mit seinem Ehemann Matty gönnen wollte. Das ist auch bitter nötig, schließlich kriselt es massiv durch die sichtliche Veränderung, die mit Cole seit durch seine mysteriösen Aufträge beim Department of Truth vorgehen, angefangen von chronischer Schlaflosigkeit bis zur emotionalen Überlastung.

Lee führt Cole zu einer Mall, in der das Department seine wildesten Geschichten verwahrt – und dort liegt neben dem „Adler 1“ aus dem natürlich fingierten filmischen Dokument der Mondlandung die Leiche von Petrow, der nach Lees Worten eine klare Botschaft von Black Hat sendet – „er weiß es“. Der schockierte Cole geht mit seiner Kollegin Ruby auf eine Reise nach Fort Knox, wo das Department keineswegs Goldvorräte, sondern vielmehr alle Beweise für alternative Versionen des 21. Jahrhunderts versteckt hält. Gleichzeitig wird der zu Hause gebliebene Matty von Black-Hat-Chef Barker aufgesucht und mit der Aussage konfrontiert, sein Mann sei ein schnöder Agent, der auch vor Mord an seinen Kollegen nicht zurückschrecke, was er per Video auch noch beweisen kann. Matty zeigt sich bestürzt, folgt Barker und hört sich dessen Version der Geschichte an: Oswald habe nach dem Krieg das Ministerium der Lügen als Doppelagent infiltriert und JFK ermordet, als dem das Treiben zu bunt wurde. Als mächtige Schattenregierung führe Oswald einen „Deep State“ an, der drauf und dran ist, die Realität endgültig zu verändern…

Nach einem eher losen Reigen von munteren Verschwörungstheorien und ihrer durchaus gezielten Nutzung (Satanic Panic, Ufo-Hysterie usw.) im vorigen Band kehrt James Tynion IV nun wieder zur Grundprämisse zurück: das Department of Truth, das ja eigentlich von verwirrten Köpfen in die Realität bezogene Verschwörungstheorien wie die Flacherde oder den Bigfoot ausmerzen soll, ist die eigentliche Maschinerie, die durch ein sorgsam erzeugtes Netz von Geschichten die Übermacht der USA zementieren soll. Elementar ist dabei die Mondlandung, die – technisch eigentlich nicht zu realisieren – als Filmprojekt umgesetzt und dann durch Manifestation in die Realität gebracht wurde (alles klar?). Das russische Ministerium der Lügen (Orwells Ministerien lassen grüßen) versucht dem jeweils die Antwort entgegenzusetzen, was nach Ende des kalten Kriegs zunehmend misslingt.

Tynion wandelt damit auf einem sehr schmalen Grat: von der durchaus faszinierenden Anfangsidee – wenn nur genügend verwirrte Geister an einen Unfug wie Flacherde oder kinderfressende Demokraten glauben, treten diese Dinge in die Wirklichkeit ein und müssen konsequent vernichtet werden – oszilliert die Storyline nun in die Richtung, dass die Realität, die wir kennen, in der Tat „fake“ ist, am signifikantesten verkörpert im gerne kolportierten Märchen, die Mondlandung sei von Stanley Kubrick im Auftrag der Regierung filmisch fingiert worden. Hoffen wir mal, dass der Gute nicht in einem Fehltritt ausgleitet und genau die Verschwörungsphantasien befeuert, die in den ersten Ausgaben der Reihe noch so brillant erklärt und abgebügelt wurden. Spannend in jedem Fall der persönliche Aspekt, der mit der zentralen Rolle von Coles Ehemann Matty ins Geschehen kommt – hier zeigt sich, wie die übergeordnete Staatsraison das private Leben zerstören kann. Optisch wie immer eine gruslige Achterbahnfahrt von Martin Simmonds, mit der scharlachroten Frau und dem Sternenmann an jeder Ecke, rauscht das Geschehen fiebrig-aufgeregt vorüber. Der vorliegende Band enthält die US-Hefte 18-22 von „The Department of Truth“. (hb)

The Department of Truth, Band 4: Das Ministerium der Lügen
Text & Story: James Tynion IV.
Bilder: Martin Simmonds
144 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
25 Euro

ISBN: 978-3-98721-105-8

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