RIP, Band 1 (Splitter Verlag)

November 2, 2022
RIP, Band 1: Derrick – Ich werde den Tod nicht überleben (Splitter Verlag)

Manchmal sterben Menschen einsam. Alleine zuhause, ohne Familie, ohne Angehörige. Dann tritt die Firma auf den Plan, für die Derrick arbeitet: Noch ehe ein Bestattungsunternehmen auftaucht, räumen er und seine Kollegen das Haus oder die Wohnung aus, nehmen alles mit, was irgendwie für irgendwen von Wert ist oder sein könnte. Meist sind diese Aktionen eklig und haben mit Pietät nichts zu tun, v.a. wenn die „Kunden“ schon eine Weile verblichen sind und Insekten als Lebensraum dienen. Derrick ist ein Paradebeispiel von einem Loser, das ist ihm auch bewusst. Der miese Job lässt ihn gerade mal so über die Runden kommen und finanziert seinen Suff in der Kneipe. Sein Zuhause ist schäbig und ungepflegt. Wie auch seine Partnerin, an der er konsequent vorbeilebt. Derrick ist desillusioniert und hat sich mit seinem Schicksal abgefunden. Bis sich eines Tages bei einem neuen, besonders ekligen „Einsatz“ eine einmalige Gelegenheit bietet, die doch noch alles verändern könnte…

Was für ein morbides Szenario! Eine halbseidene, dubiose Firma mit ebensolchen Mitarbeitern, die maximal halboffiziell Häuser und Wohnungen von Toten „plündert“. Wobei Derrick und seine Kollegen stets von den „Chefs“ nach dem Job auf Wertsachen durchsucht werden. Die Herren Mitarbeiter sind ebenso ganz „spezielle“ Charaktere: Der junge Albert ist in eine Tote vernarrt, eine ehemalige „Kundin“ der Truppe. Eugène, Ex-Knacki und voller Vorurteile, schlägt erst zu und fragt dann nach. Mike ist ein Angeber ohne jegliche Substanz und Maurice ein knorriger Einzelgänger, der den Job schon seit 30 Jahre macht. Dann sind da noch der nicht minder unsympathische, dauergereizte Lagerverwalter Dédé und die kesse wie unnahbare Fanette, die Wirtin der Kneipe, wo sich die Truppe nach der Arbeit gerne zum Saufen trifft. Die Arbeitsplätze von Derrick und seinen Kollegen wechseln zwar ständig. Was bleibt sind Gestank und Insekten. Und natürlich die Anblicke der Toten, die in diesem Zustand auch schon gerne mal länger verweilen, bis sie gefunden werden – was hier optisch schon fast genüsslich eingefangen wird.

Als Derrick seine Chance heimlich und auf die einzig mögliche Art und Weise ergreift, verpestet er das ohnehin bereits fragile Arbeitsklima der Truppe. Diverse Katastrophen und Eskalationen sind die Folge – welche und wie genau, verraten wir nicht, das sollte man sich mit wachsendem Vergnügen schon selbst erlesen. Der Clou an der trocken-drastisch erzählten Reihe, die zwischen pechschwarzem Drama, Krimi und Thriller changiert, ist, dass in jedem Band eine andere Figur der Truppe im Mittelpunkt steht, wobei die Story-Perspektive wechselt, der Handlungszeitraum aber offenbar immer der gleiche ist (ähnlich wie bei Frank Girouds „Quintett“). Im Auftakt steht eben Derrick im Mittelpunkt, der in den stilisierten Zeichnungen, die der düsteren Handlung entgegenstehen, mit seiner überdimensional hohen Kappe wie ein typischer Trump-Hinterwäldler daherkommt. Schon bald geht es mit dem morbiden Trödeltrupp weiter. Band 2 (von 6) erscheint im Januar. (bw)

RIP, Band 1: Derrick – Ich werde den Tod nicht überleben
Text: Gaet’s
Bilder: Julien Monier
112 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
22 Euro

ISBN: 978-3-96792-341-4

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