Ein Mann – Ein Abenteuer, Band 2 (Schreiber & Leser)

Januar 23, 2020
Ein Mann - Ein Abenteuer, Band 2 (Schreiber & Leser)

Zwischen 1976 und 1980 erschienen in Italien die 30 Bände der Comic-Anthologie „Ein Mann, ein Abenteuer“, an der verschiedene italienische Zeichner beteiligt waren, darunter auch Hochkaräter wie Milo Manara, Sergio Toppi, Guido Crepax oder Hugo Pratt. Jeweils abgeschlossene Geschichten, in denen stets verschiedene Hauptakteure an einem mehr oder weniger exotischen Schauplatz ihr Abenteuer erleben. Einige wenige Alben erschienen auch auf Deutsch, immer in verschiedenen Verlagen, wobei der Feest Verlag ab 1991 den ernsthaftesten Versuch startete und fünf Bände veröffentlichte, darunter Der „Schneemensch“ von Manara. Zu jedem Band gab es zudem eine limitierte und handsignierte Luxusausgabe.

Hugo Pratt, der Schöpfer von Corto Maltese, steuerte gleich vier Geschichten für „Un uomo un‘ avventura“ bei, zwei davon waren auch in der Feest-Reihe enthalten. Nun sind die vier Pratt-Stories in zwei Bänden bei Schreiber & Leser erschienen, in der gleichen Aufmachung wie „Corto Maltese“ – und damit sowohl als Farb- als auch als ursprüngliche Schwarz-Weiß Variante (Klassik Edition) erhältlich. Band 1 enthält die beiden Episoden „Jesuit Joe“ („L’uomo del Grande Nord“, bei Feest „Der Mann aus Kanada“), die 1991 auch verfilmt wurde und „La Macumba del Gringo“ (im Original „L’uomo del Sertao“). Die zweite Ausgabe beinhaltet „Westlich von Eden“ (im Original „Der Mann aus Somalia“) und Svend (bei Feest „Der Mann der Karibik“).

„Westlich von Eden“ (Garten Eden ist der Name eines Forts der Engländer an der Grenze von Britisch Somaliland) wartet mit einem tragischen Helden auf. Leutnant Abel Robinson befehligt 1922 einen Trupp Soldaten, der in einem Fort nur noch ermordete Kameraden entdeckt. Man vermutet den angeblich toten Mad Mullah als Täter. Eine kaum auszumachende Figur am Horizont scheint den Verdacht zu bekräftigen. Nachdem er in einem weiteren Fort ebenfalls nur noch Tote findet, hat er seltsame Begegnungen mit Samael und Kayin, wobei Realität und Halluzinationen zu verschwimmen scheinen. Robinson taucht ein in eine surreale Welt voller biblischer Zitate und Motive (Kayin = Kain). Personen erscheinen unvermittelt und verschwinden wieder.

Ein Mann - Ein Abenteuer, Band 2 (Klassik Edition)

Die orakelnden Dialoge von Samael und Kayin sind je nach Auslegung bedeutungsschwanger oder nichtssagend und der Leser taumelt gemeinsam mit Robinson durch die Geschichte, nicht mehr wissend, was real ist und was nur in der Einbildung des Leutnants existiert. Und wenn Robinson mal einen vermeintlich lichten Moment hat, widersetzt sich die Story immer wieder rationalen Erklärungen, wobei am Ende schon fast zu viel offenbart wird. Pratt setzt die Weite und die Kargheit der Wüste knapp und prägnant in Szene. So genügt oft ein Strich als Horizont – ein Strich, der aber auch genügt, um die typische träumerische Atmosphäre zu erzeugen, die Pratts Werke gerne kennzeichnet.

„Svend“ ist da anders. Gegenständlicher und realer. Auch ist diese Episode ausführlicher und feiner gezeichnet, die Gesichter sind realistischer und weniger stilisiert, als eben noch in der Wüste. Wie sein klareres Abenteuer-Pendant Andy Morgan nimmt Kapitän Svend mit seiner kleinen Yacht immer wieder Aufträge an, um sich über Wasser (im wahrsten Sinne) zu halten. Diesmal schippert er den sich bedeckt haltenden Barnaba Moretto nach Jamaika. Moretto, der von seiner vermeintlichen Freundin Bon Bon begleitet wird, zahlt gut. Auf dem Meer begegnen sie einer anderen Yacht, die angeblich in Seenot geraten ist. Doch an Bord befinden sich argentinische Revoluzzer, die es auf Morettos Geld abgesehen haben, wobei Bon Bon ein falsches Spiel spielt…

Kapitän Svend, offenbar ebenso ein Mann mit Vergangenheit, ist in der Karibik scheinbar bekannt wie ein bunter Hund. Er erinnert in seiner stoischen Bestimmtheit ein wenig an Corto Maltese (inkl. Kapitänsmütze), den Pratt in der Zeit des Entstehend des Albums bereits etabliert hatte. Svend und Moretto bilden eine Zweckgemeinschaft und am Ende der Geschichte, die durchaus sprunghaft erzählt wird, steht in der Villa eines gewissen Giuseppe Bergmann (!) noch ein kleiner fieser Showdown. Der Band wird begleitet von einem persönlichen Vorwort des langjährigen Pratt-Freundes Jean-Claude Guilbert und natürlich etlichen Farb-Skizzen, die Pratt so unnachahmlich anfertigte. Dazu gibt es Abrisse zur jeweiligen Region, in der die Abenteuer spielen, was dem Leser einen historischen Kontext vermittelt und den Zugang erleichtert. (bw)

Ein Mann – Ein Abenteuer, Band 2: Westlich von Eden / Svend
Text & Bilder: Hugo Pratt
128 Seiten in Farbe, Hardcover
Verlag Schreiber & Leser
27,80 Euro

ISBN: 978-3-946337-78-2 (Farbausgabe)
ISBN: 978-3-946337-79-9 (Klassik Edition)

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