100 % Marvel, Band 71: Daredevil (Panini)

Februar 24, 2014

100 % Marvel, Band 71: Daredevil

Mapone. Mit diesem letzten Wort verabschiedet sich Daredevil für immer. Brutal hingerichtet von seinem Erzfeind Bullseye. Ben Urich, bekannter Reporter des Daily Bugle, bekommt von Jonah Jameson persönlich den Job, Daredevils Tod zu recherchieren. Und das, kurz bevor die Printausgabe des Bugles eingestellt wird. Bens letzte große Story. Sein Kumpel Daredevil alias Matt Murdock, seines Zeichens blinder Rechtsanwalt, war lange Zeit von der Bildfläche verschwunden. Was hat er in dieser Zeit getrieben und was zur Hölle bedeutet Mapone, sein letztes Wort? Urich stürzt sich in die Recherche, macht Freund und Feind Daredevils ausfindig, darunter auch Hochkaräter wie Elektra in ungewohnter Mutterrolle, einen gealterten Nick Fury oder den Punisher, der mal wieder im Hochsicherheitsknast residiert. Noch! Doch Ben stößt auf eine Mauer des Schweigens. Er erfährt kaum etwas über Daredevils letzte Zeit. Man schweigt und verschweigt. Dann: wieder ein Toter, dieses Mal ist es Bullseye, der sich höchst künstlerisch selbst gerichtet hat. Und wieder: Mapone. Mit Blut geschrieben. Also bleibt Urich an der Story kleben, trotz aller Gefahren und Warnungen. Bis er Licht in das Dunkel bringt und er ganz nah an der Auflösung ist. Zu nah?

Der Band beinhaltet die komplette Miniserie „Das Ende aller Tage“ (The End of all Days), die 2013 bei Marvel USA erschien. Die Geschichte spielt in nicht allzu ferner Zukunft und ist damit nicht Bestandteil der offiziellen Marvel Kontinuität. Also keine Angst um den blinden Helden. Faszinierend aber, wie drastisch Starautor Bendis Daredevil gleich zu Beginn abserviert. Und ebenso originell die schöne Hommage an Citizen Kane und dessen Rosebud, die sich als Handlungsgerüst durch den ganzen Band zieht und der sich Ben Urich durchaus bewußt ist (er erwähnt gleich zu Beginn den Schlitten). In dieser Zukunft ist die Erinnerung an viele Helden verblasst, selbst Urich wundert sich, dass Nick Fury noch lebt. Wenn, dann dienen sie dem Marketing, Stichwort Kostüm-Schneider. Das weckt Erinnerungen an moderne Superhelden-Klassiker wie The Dark Knight Returns oder Kingdom Come. Und schafft eine pessimistische Grundstimmung. Die Helden sind fort, haben sich zur Ruhe gesetzt. Wie deren Feinde. Der Bugle wird eingestellt, Arbeitsplätze gehen verloren. Und Ideale. Unablässig trichtert Urich seinem Sohn ein, dass Superhelden edle Ritter in leuchtender Rüstung sind/waren, die nie töten. Was einen Schatten auf Daredevil wirft, hatte er doch den Kingpin gnadenlos massakriert.

Daredevil ist nicht unbedingt in der ersten Superhelden-Liga anzusiedeln. Trotzdem kann er wie kaum ein anderer Held eine beeindruckende Vielzahl von intelligenten und anspruchsvollen Stories und Runs aufweisen, von denen einige längst Klassiker sind. Sowohl inhaltlich als auch zeichnerisch. Ob das – abgesehen von den klassischen Anfängen mit Gene Colan und Co. – nun die Comics von Frank Miller sind, Bill Sienkiewicz‘ Elektra Assassin, oder die Marvel Knight Runs von Joe Quesada und David Mack. Und: nicht zu vergessen Alex Maleevs langer Daredevil Run. Das Gute an dieser Miniserie: Viele dieser Jungs sind auch hier dabei. Zwischen den charakteristischen Scribble-Panels Jansons finden sich immer wieder (neben den Maleev Covern) künstlerisch designte Seiten, die von Mack und Sienkiewicz geschaffen wurden – ein zusätzlicher Augenschmaus.

Auch wenn man zur Hälfte ahnt, worauf die Story hinausläuft und es die eine oder andere Logik-Verwirrung gibt: Die Enthüllungs-Story ist fesselnd geschrieben, spannend erzählt. Der Leser bleibt stets nah dran, nur um dann auf die nächste Seite vertröstet zu werden. So muss das sein. Bis zum Ende.

Und was bedeutet nun Mapone? Das wird auch geklärt, aber eins vorweg: ein Schlitten ist es nicht… (bw)

100 % Marvel, Band 71: Daredevil – Das Ende aller Tage (Panini)
Text: Brian Michael Bendis, David Mack
Bilder: Klaus Janson, David Mack, Mill Sienkiewicz, Alex Maleev
208 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
19,99 Euro

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