Tutanchamuns Vermächtnis (Knesebeck)

März 7, 2024
Tutanchamuns Vermächtnis - Im Reich der vergessenen Pharaonen (Knesebeck Verlag)

Eine der schönsten Ironien der Geschichte ist zweifellos die Tatsache, dass ein unbedeutender ägyptischer Herrscher, der nur relativ kurz regierte, der als Sohn eines Ketzers galt und der deshalb dem Vergessen übergeben wurde, heute der mit Abstand berühmteste aller Pharaonen ist. Die Rede ist natürlich von Tutanchamun, dessen Totenmaske, die auch das Cover dieses Bandes ziert, neben der Büste Nofretetes eines der ikonischen Symbole des alten Ägyptens darstellt, die praktisch jeder kennt. Wer dieser Pharao war, der bis kurz vor der Entdeckung seines Grabes praktisch unbekannt war, ist trotz des Titels nicht Gegenstand des Bandes. Hier geht es um die Ausgrabung an sich und damit erzählt der Band auch in erster Linie die Geschichte um den Entdecker Howard Carter.

Die beginnt hier Ende 1922, als der Brite Carter nach seinem Fund angesichts des überwältigen Anblickes eines unversehrten Grabes den legendären Satz spricht „Ich sehe wunderbare Dinge“, nur um dann gleich ins Jahr 1891 zu schwenken. Hier treffen wir den noch jugendlichen, talentierten Zeichner Howard Carter, der eher zufällig auf eine Ägypten-Ausgrabung eingeladen wird, was gleichzeitig der Beginn einer lebenslangen Passion bedeutet. Carter zeigt sich sofort engagiert, eckt damit aber auch an, immerhin ist er kein ausgebildeter Ägyptologe. Dennoch erregt seine gewissenhafte Arbeit Aufmerksamkeit und bald wird er zum „Oberinspekteur für Ägyptische Altertümer“ bestellt, einen Posten, den er bis 1905 behält.

Die Grabkammer – endlich am Ziel…

Bald darauf findet Carter in Lord Carnarvon einen neuen Finanzier, der ihn lange Zeit bis 1922 seine jährlichen Grabungs-Saisons ermöglicht. Leider ohne nennenswerte Erfolge. Carnarvon will deshalb sein Sponsoring beenden, wird aber von Carter zu einem letzten Versuch überzeugt. Denn Carter vermutet im Tal der Könige, an einer Stelle, an der bisher noch niemand gegraben hat, das Grab eines bisher fast unbekannten Pharaos. Womit er tatsächlich Recht behalten sollte. Ab dem 4. November 1922 nimmt so eine Weltsensation ihren Lauf: Die Entdeckung und Ausgrabung des ersten und bisher einzigen intakten und damit nicht geplünderten Königsgrabs in Ägypten.

Immer wieder geht der Band auf die Widrigkeiten ein, gegen die Howard Carter ankämpfen muss, der zum Zeitpunkt seiner Entdeckung längst als seriöser und renommierter Ägyptologe gilt. Seien es verwaltungstechnische Hürden, das Gerangel um Grabungslizenzen, wer die Verwaltungshoheit hat. Oder die lästigen (wie vermögenden und prominenten) Touristen, die ständig durch das Grab geführt werden und die dabei die Arbeit behindern. Denn die erweist sich als langwierig, muss aber gewissenhaft ausgeführt werden: Ein Grabungsteam aus Spezialisten muss her (Stichwort Konservierung), die Logistik muss ausgebaut werden, alle Funde werden fotografiert, gezeichnet und katalogisiert. Ein Geduldsspiel, denn bis man zur eigentlichen Grabkammer vorstoßen kann, vergeht so viel Zeit.

Dann ist da noch die lästige Presse, da Lord Carnarvon der Times die Exklusivrechte an der Berichterstattung verkauft hat und somit der Rest des beachtlichen Pressetrosses erst verspätet berichten kann und darf. Natürlich wird auch der Fluch des Pharao thematisiert (der nach dem plötzlichen Tod des Lords aufkommt), mit dem man v.a. in England mit einem nachgebauten Tut-Grab gute Geschäfte macht. Die Zeichnungen von Paul Marcel sind extrem realistisch angelegt, dabei äußerst filigran, stecken voller Details und lassen keine Wünsche offen. Eingerahmt wird das Entdeckungs- und Grabungsgeschehen von einer natürlich fiktiven altägyptischen Episode und nach dem Comicteil vertieft ein informatives Nachwort des Ägyptologen Dominique Farout noch einmal die Thematik. Somit erzählt der gelungene Band für alle Geschichts-Interessierten eine Sternstunde der Archäologie in Comic-Form und das ohne Längen und damit alles andere als trocken. (bw)

Tutanchamuns Vermächtnis
Text & Story: Patrick Mallet
Bilder: Paul Marcel
48 Seiten in Farbe, Hardcover
Knesebeck Verlag
24 Euro

ISBN: 978-3-95728-794-6

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